Scheinwelt am Flughafen

Gastkommentar: Jutta Matuschek zum Zwischenergebnis des BER-Untersuchungsausschusses, der vor genau drei Jahren seine Arbeit aufnahm

  • Jutta Matuschek
  • Lesedauer: 3 Min.

Früh war absehbar, dass der Eröffnungstermin 2012 nicht zu halten ist. Doch das Fiasko hätte verhindert werden können. Die damaligen Geschäftsführer Schwarz und Körtgen hatten jedoch eine Unternehmenskultur eingeführt, in der die Warnungen vor einer überstürzten Eröffnung ignoriert wurden, die Warnenden selbst auf eine entsprechende Entscheidung der Geschäftsführung warteten. Diese jedoch verweigerte sich der Verantwortung für diesen Schritt.

Die Geschäftsführer hatten jegliche Kompetenz und Steuerfunktion an beauftragte Dienstleister, Planer und Steuerer abgegeben. Gleichzeitig wurde ein Berichtswesen etabliert, das vorrangig dazu diente, den Aufsichtsrat im Glauben zu lassen, es würde schon irgendwie gehen. Dieser nutzte seinerseits, teils gutgläubig, teils blauäugig, diese Scheinwelt zu immer neuen Änderungswünschen, die im Grunde aber die Wünsche der späteren Nutzer des Flughafens, nämlich der Fluggesellschaften, sowie des kaufmännischen Geschäftsführers zur Absicherung seiner Umsatzträumereien waren.

Die richtige Entscheidung, das Terminal in kleineren Vergabeeinheiten auszuschreiben, führte nicht zum notwendigen Aufbau einer entsprechenden Steuerungsorganisation auf Seiten des Bauherrn. Im Gegenteil: Der dafür vorgesehene Vertragspartner wurde wegen seiner realistischen Kosten- und Terminsicht gefeuert. Statt sieben Vergabeeinheiten wurden 50 durch ein Miniteam der Flughafengesellschaft ausgeschrieben. Der Projektsteuerer konnte ungehindert eine Scheinwelt auf dem Papier abbilden.

Viele Projektbeteiligte waren auf wirtschaftliche Eigensicherung mit Hilfe von Nachtragsforderungen bedacht. Anwaltskanzleien und Berater bekamen viel zu tun, trugen aber keine Verantwortung für das Projekt. Wo so desorganisiert und unkontrolliert geplant und gebaut wird, finden sich auch immer »Absahner«. Firmen wie Imtech nutzten diesen Umstand aus, während auf der Seite der Flughafengesellschaft gutes Personal wegen Geldknappheit fehlte.

Dies setzte sich erst recht ab 2012 fort. Nach dem Zusammenfall des Kartenhauses war es der Aufsichtsrat selbst, der zu keinerlei klarer Aufsichtstätigkeit fand, der in wildem Aktionismus die Geschäftsführung permanent austauschte, gleichzeitig neue Summen ohne Überprüfung immer wieder freigab und somit die Steuerkassen belastete. Obendrein ergingen sich die drei Gesellschafter in Streitereien untereinander.

Der Aufsichtsrat hat weder die richtigen Führungskräfte für das Vorhaben ausgewählt, noch ein angemessenes Organisations- und Controllingsystems gesichert. Seine Mitglieder haben durch die Politisierung des Projekts noch zusätzliche störende Rahmenbedingungen aufgebaut. Nicht nur der Eröffnungstermin wurde zum Politikum, auch bei anderen Entscheidungen nahmen sachfremde politische Erwägungen Einfluss. Der Aufsichtsrat maßte sich in wichtigen Fragen die unternehmerische Führung des Projekts BER aus politischen Erwägungen an, nicht jedoch auf der Grundlage ordentlicher Planungs- und Kostenüberprüfungen.

Von bisher 50 Zeugen waren nur sehr wenige bereit, eigenes Scheitern einzugestehen, am allerwenigsten Schwarz und Körtgen. Der Untersuchungsausschuss hat inzwischen viel Material zusammengetragen, das nahelegt, beide haftungsrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Der Untersuchungsauftrag war zu überfrachtet, um sich auf die Erarbeitung von Hinweisen für bessere Governance öffentlicher Unternehmen zu konzentrieren. Das bleibt als Aufgabe für den Abschlussbericht.

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