Ein Denkmal wird eingesargt
Der Friedrichswerderschen Kirche drohen durch ein neues Bauprojekt weitere Schäden
Seit drei Jahren ist die Friedrichswerdersche Kirche in Mitte für Besucher gesperrt. Der Bau neuer Luxuswohnungen an ihrer Westseite gleich nebenan hat bleibende Schäden an dem Baudenkmal verursacht: Zentimeterbreite Risse in den Wänden, Verformungen im Gewölbe, die westliche Kirchenhälfte drohte in die Baugrube zu rutschen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die das Gebäude als Museum nutzt, musste ihre ausgestellten Skulpturen in Sicherheit bringen. Jetzt droht sich das gleiche Drama zu wiederholen, weil auch auf der Ostseite eine ebenso tiefe Baugrube ausgehoben werden soll.
»Wir sind entsetzt, wie mit einem Denkmal von internationalem Rang in Berlin umgegangen wird«, schlug am Freitag der Konsistorialpräsident der evangelischen Landeskirche, Jörg Antoine, Alarm. Hier werde eine Bebauung zugelassen, die nicht nur diese Kirche bis zur städtebaulichen Bedeutungslosigkeit »einsargt«, sondern zu massiven Schädigungen an ihrer Substanz führt. Dabei ist den Kirchenvertretern klar, dass sie auch das neue Bauprojekt nicht verhindern können. Gegen die Bauleitplanung, die auf dem berüchtigten Planwerk Innenstadt beruht, haben sie vergeblich Widerspruch eingelegt. Eine Baugenehmigung, gegen die die Kirchengemeinde als Eigentümerin der Kirche hätte klagen können, brauchten die Investoren nicht. »Es geht nur noch um Schadensbegrenzung«, so Kirchenoberbaurat Matthias Hoffmann-Tauschwitz.
An der Ostfassade der Kirche plant die Frankonia Eurobau ebenfalls die Errichtung von Luxuswohnungen. Die Baugrube werde zwar nicht bis auf 3,50 Meter an die Kirche heranrücken wie auf der Westseite, sondern nur zehn Meter, aber mit drei Tiefgeschossen ebenso weit ins Erdreich reichen, sagte Hoffmann-Tauschwitz. Der Investor habe zwar von vornherein ein erschütterungsfreies Verfahren gewählt, Gutachten gingen aber davon aus, dass Schäden trotzdem nicht zu vermeiden seien. Sorge der Kirche ist, dass Frankonia die Bauarbeiten aufnimmt, ohne das geklärt ist, wie bei eintretenden Schäden reagiert wird.
Mit dem Investor der als »Kronprinzengärten« vermarkteten Luxusbauten auf der Westseite hatte die Kirche eine sogenannte nachbarschaftliche Vereinbarung geschlossen, in der geklärt war, dass der Investor auch für die Behebung der Schäden aufkommt. Eine solche Vereinbarung gebe es mit der Frankonia noch nicht, sagte Hoffmann-Tauschwitz. In der sollen auch Vorkehrungen getroffen werden, um die Schäden frühzeitig zu erkennen. Dazu müssten hochsensible Sensoren montiert werden. Außerdem soll sich die Frankonia verpflichten, im Schadensfall den Bau zu stoppen, um Gegenmaßnahmen einzuleiten. Obwohl dies alles noch ausstehe und auch das Bezirksamt Mitte die Erfüllung behördlicher Auflagen angemahnt habe, wolle der Bauherr die Arbeiten offenbar aufnehmen, befürchten die Kirchenvertreter.
Die Frankonia wies dies zurück. Derzeit würden nur genehmigungsfreie bauvorbereitende Arbeiten durchgeführt, so ein Sprecher. Das Unternehmen sei sich seiner Verantwortung bewusst. »Deshalb wurde ein besonderes Baugrubenkonzept mit einem feinausgeklügelten Alarmierungs- und Präventionsablauf entwickelt.« Außerhalb der Kirche seien auch bereits Messgeräte installiert. Zudem würden die Bauarbeiten erst beginnen, wenn alle behördlichen Abstimmungen erfolgt seien.
Laut Gutachten könnte die Kirche auch die neuen Schäden gerade noch so wegstecken. »Einstürzen wird sie hoffentlich nicht«, sagte Hoffmann-Tauschwitz. »Jedes Gebäude hat statische Reserven, aber die dürften bald erschöpft sein. Dann darf nichts mehr passieren.« Wann die Museumskirche wieder öffnen kann, ist unklar. Die ersten Schäden haben Restauratoren zumindest optisch kaschiert, jetzt wird auf die nächsten gewartet. »Die Gerüste bleiben drin«, sagte Hoffmann-Tauschwitz.
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