Vorsorge als vierte Säule

Barmer GEK will unter anderem für gesundes Essen in Schulküchen sorgen

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Ab 2016 soll das Präventionsgesetz gelten. Im Mittelpunkt stehen Kinder und Jugendliche. Kassen und Medizinverbände fordern umfassende Gesundheitskonzepte.

Das im Sommer verabschiedete Präventionsgesetz soll ab 2016 seine Wirkung entfalten. In Berlin berieten am Mittwoch die Barmer GEK, der Kneipp-Bund und der Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (Damid), wie das Regelwerk Kindern und Jugendlichen zu gesünderem Leben verhelfen kann.

Einerseits wurden neue Vorhaben vorgestellt, andererseits gab es Kritik an dem Gesetz. Es sei »gut, aber nicht ausreichend«, so der Barmer GEK-Vorstand Christian Straub auf dem Kongress in Berlin. Zuvor von seiner Versicherung geförderte Untersuchungen wie die J2, durchgeführt im 17. und 18. Lebensjahr, würden nun zur Regelleistung. Andererseits befürchtet Straub, dass sich Länder und Kommunen aus der Prävention zurückziehen, da nun die Gesetzlichen Krankenversicherungen als Verantwortliche benannt wurden. »Aber ohne deren Engagement geht es nicht, sie entscheiden über Fahrradwege, Schulküchen und Sportplätze. Hier muss eine ergänzende Finanzierung eingefordert werden.« Außerdem sei die Beteiligung der Wohlfahrtsverbände wie auch der Privaten Krankenversicherungen notwendig, aber im Gesetz nicht vorgesehen. Straub forderte Transparenz darüber, welche Maßnahmen wie finanziert werden. Die Gesetzlichen Krankenkassen müssen pro Versicherten jährlich mindestens sieben Euro für die Prävention ausgeben, de facto waren es bisher 2,50 Euro. Das Gesamtvolumen für die entsprechenden Programme wird von bisher 290 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro pro Jahr steigen.

Die Barmer GEK hat sich für die Durchführung von Großprojekten entschieden. So wird es ab 2016 die Kampagne »Ich kann kochen!« geben. Gemeinsam mit der Sarah Wiener Stiftung sollen über fünf Jahre 1,4 Millionen Kita- und Grundschulkinder erreicht werden. Entsprechende Angebote sind auch an sogenannten sozialen Brennpunkten vorgesehen - Interesse und entsprechende Kapazitäten an den Einrichtungen vorausgesetzt. »Leider werden aber Schulküchen momentan weiter abgebaut«, bedauerte Kassenchef Straub. Fortgeführt und weiter differenziert - nach Sportarten, Jahreszeiten und Zielgruppen - werde das Programm »Deutschland bewegt sich«.

Prävention sollte zur vierten Säule des Gesundheitswesens werden - neben ambulanter und stationärer medizinischer Versorgung sowie dem Öffentlichen Gesundheitsdienst. Das forderte die ehemalige Gesundheitsstaatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD), die sich aktuell beim Kneipp-Bund engagiert. Sie hat das mehrfache Scheitern bisheriger Gesetzentwürfe zum Thema erlebt und hofft, dass nun durch höhere Investitionen in die Prävention Gesundheit für alle bezahlbar bleibt. Der Kneipp-Bund zertifizierte bisher unter anderem knapp 400 Kitas, die ein umfassendes Gesundheitskonzept im Alltag umsetzen. In Zukunft soll das auch an Schulen einfacher werden, so Caspers-Merk. Das Konzept umfasst die fünf Kneippschen Elemente - Bewegung, Ernährung, Wasser, Heilpflanzen und Lebensordnung. Es soll so integriert werden, dass weder zusätzliche Arbeit noch Kosten anfallen.

Gesundheit müsse noch mehr in Bildung und Alltag integrieren werden, forderte auch der anthroposophische Kinderarzt Stefan Schmidt-Troschke. »Es sollte nicht immer heißen ›du musst‹, sonst wird Gesundheitserziehung langweilig und bedrohlich«, erklärte er mit Blick auf das Konzept der Waldorfschulen und Kindergärten. Hier gebe es die Begegnung mit der Natur schon seit Jahrzehnten. Entsprechend sollten Kinder nicht nur kochen lernen, sondern auch erfahren, woher Milch und Getreide kommen.

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