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Naziaufmärsche in Dresden und Rudolstadt

Serie von Anschlägen gegen Flüchtlinge: Verletzter bei Anschlag auf Asylbewerberunterkunft in Freital / Bewaffnete prügeln in Wismar und Magdeburg mit Baseballschlägern auf Syrer ein / Brandstiftung in Flüchtlingsunterkunft in Sehnde und Castrop-Rauxel

  • Lesedauer: 7 Min.

Update 19.40 Uhr: Fremdenfeindliche Proteste in Dresden und Rudolstadt
Im Dresdner Stadtteil Laubegast haben sich am Sonntagabend mehrere hundert Rechtsradikale zu einem offenbar unangemeldeten fremdenfeinlichen Protest versammelt. Augenzeugen berichten auf Twitter von etwa 350 Teilnehmern. Polizei sei zunächst nicht vor Ort gewesen.

Der asylfeindliche Protest richtet sich gegen die Nutzung eines früheren Hotels als Flüchtlingsunterkunft. Der Besitzer des Hotels hatte schon Ende 2014 der Stadt Dresden das Hotel zur Vermietung an Flüchtlinge angeboten. Nach heftigen Protesten und Bedrohungen zog er das Angebot aber später zurück. Am vergangenen Dienstag hatte die Stadt angekündigt, das Gebäude über eine städtische Tochter zu erwerben und dort ab Jahresende etwa 115 Asylsuchende unterzubringen. Der Chef der islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung, Lutz Bachmann, hatte die Pläne bereits am Montag verkündet und Stimmung dagegen gemacht.

In Rudolstadt (Thüringen) traf sich am Abend der Pegida-Ableger Thügida ebenfalls zu rassistischen Protesten. Ziel des Fackelmarsches war eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge. Über die genaue Zahl der Teilnehmer wurde zunächst nichts bekannt. Augenzeugen berichten, die Stimmung unter den Neonazis sei sehr aggressiv. Unter dem Motto »Unsere Heimatstadt ist bunt und weltoffen« hatte ein Bündnis zu Gegenprotesten auf dem Marktplatz aufgerufen.

Update 16.20 Uhr: Brandanschlag auf geplante Flüchtlingsunterkunft in Castrop-Rauxel
Auf ein früheres Jugendzentrum in Deininghausen (Castrop-Rauxel) ist am Samstag ein Brandanschlag verübt worden. Wie die Ruhrnachrichten berichten, haben Unbekannte versucht, mit Brandbeschleuniger ein Feuer zu entfachen. Nach Angaben der Polizei habe nur das schnelle Eintreffen der Feuerwehr einen Großbrand verhindert. In das derzeit ungenutze Gebäude sollen in Kürze Flüchtlinge einziehen. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen.

Update 13.50 Uhr: Gruppe mit Baseballschlägern greift Flüchtlinge in Magdeburg an
In Magdeburg hat eine Gruppe von rechten Gewalttäter syrische Flüchtlinge mit Baseballschlägern angegriffen. Wie die Polizei mitteilte, gingen in der Nacht zum Sonntag 20 bis 30 dunkel gekleidete Personen auf die fünf bis sechs Opfer »überfallartig« los. Zivilpolizisten griffen ein und konnten Schlimmeres verhindern. Drei Syrer mussten den Angaben zufolge dennoch mit Prellungen und Verletzungen im Gesichtsbereich im Krankenhaus behandelt werden.

Beim Eingreifen der Polizei flüchteten die Täter in verschiedene Richtungen. Wie die Polizei weiter mitteilte, konnte ein 24-jähriger Beschuldigter festgenommen werden. Er sei der Polizei bereits bekannt, hieß es.

Die Grünen verurteilten den brutalen Übergriff scharf und nannten diesen »beschämend«. Offenbar habe »nur das Eingreifen der Polizei die Betroffenen vor noch Schlimmeren bewahrt. Der Angriff war darauf angelegt, Menschen aufs Schwerste zu verletzen oder zu töten«, erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, Sebastian Striegel.

Der Grünen-Politiker, erklärte bereits seit Tagen würden in Magedburg Aufrufe zur Selbst- und Lynchjustiz sowie zur Gründung einer Bürgerwehr kursieren. Treibende Kräfte seien dabei die Hool- und Naziszene.

Update 13.40 Uhr: Vorläufige Festnahmen nach mutmaßlichem Angriff auf Flüchtlinge
Drei Männer sollen in Oschersleben verfassungsfeindliche Parolen gerufen und sich mit Flüchtlingen gestritten haben. Sicherheitskräfte nahmen die stark betrunkenen Tatverdächtigen in der Nacht zum Freitag vorläufig fest, wie die Polizei mitteilte. Nach Zeugenaussagen waren sie kurz zuvor an einer Auseinandersetzung in unmittelbarer Nähe von Wohnungen von Asylbewerbern beteiligt. Dabei sollen auch Böller geworfen worden sein.

Die beiden 23-Jährigen sowie ihr 32-jähriger Begleiter setzten sich so stark zur Wehr, dass die Beamten den Angaben zufolge Pfefferspray einsetzen und einen der Männer fesselten mussten. Ein Feuerwerkskörper wurde sichergestellt. Die betrunkenen Tatverdächtigen kamen in der Nacht wieder auf freien Fuß und sollten alsbald nüchtern vernommen werden. Der 32-Jährige ist der Polizei wegen ähnlicher Vorfälle bereits bekannt, wie ein Sprecher sagte.

Update 13.10 Uhr: Verletzter bei Anschlag auf Asylbewerberunterkunft in Freital
Bei einem Anschlag auf eine Wohnung von Flüchtlingen ist in Freital bei Dresden ein Mensch leicht verletzt worden. Der 26-Jährige habe Schnittwunden an der Stirn erlitten, als in der Nacht zum Sonntag vor seinem Schlafzimmerfenster eine Sprengladung explodiert sei, teilte das für extremistische Straftaten zuständige Operative Abwehrzentrum OAZ mit. Bei dem Sprengsatz habe es sich um in Deutschland nicht zugelassene Pyrotechnik gehandelt. Drei Fenster seien zerstört worden. In der Erdgeschosswohnung des Mehrfamilienhauses sind acht Asylbewerber untergebracht. Die Täter entkamen unerkannt. Das OAZ geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus.

Update 11.30 Uhr: Wohl Brandstiftung in Flüchtlingsunterkunft in Sehnde
In einer Flüchtlingsunterkunft in Sehnde nahe Hannover ist in der Nacht offenbar Brand gelegt worden. Passanten entdeckten das Feuer und alarmierten die Feuerwehr, die den Brand im Eingangsbereich des Gebäudes unter Kontrolle bringen, berichtet die »Hannoversche Allgemeine«. Die Behörden würden davon ausgehen, dass das Feuer gelegt wurde.

Bewaffnete greifen Flüchtlinge in Wismar an

Berlin. Im Nordosten sind am Wochenende Flüchtlinge attackiert worden, auch wurden ausländerfeindliche Parolen entdeckt und Hunderte Personen folgten Aufrufen zu rechten Aufmärschen. Es gab dort aber auch Gegenproteste.

Am Samstagabend griffen vermummte Rassisten in Wismar zwei Flüchtlinge aus Syrien an und schlugen sie krankenhausreif. Wie die Polizei in Rostock am Sonntag mitteilte, standen die beiden Syrer vor einer Notunterkunft, als sie nach eigenen Angaben plötzlich von mehreren vermummten, »mit Baseballschlägern und anderen Waffen« ausgerüsteten Schlägern attackiert wurden. Beide Männer wurden bei dem ausländerfeindlichen Angriff verletzt und mussten in einer Klinik behandelt werden. Die Angreifer konnten unerkannt fliehen. Der für politische Delikte zuständige kriminalpolizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

Zuvor waren in der Nach auf Samstag in Krakow am See im Landkreis Rostock an mehreren Orten großflächige Nazi-Schmierereien entdeckt worden. Mit blauer Farbe seien »rechtsextreme Parolen und Symbole sowie ausländerfeindliche Sätze« verbreitet worden, gab die Polizei bekannt. Die Täter konnten unerkannt entkommen, auch hier ermittelt der kriminalpolizeiliche Staatsschutz.

In Schwerin folgten derweil rund 290 Menschen am Samstag einem Aufruf der rechten Initiative »Deutschland wehrt sich« zu einem Aufmarsch in die Innenstadt. Am Dom protestierten rund 120 Menschen bei einem Posaunenkonzert gegen Gewalt, etwa 400 Menschen kamen anschließend auf dem Marktplatz zusammen, um mit Kerzen für ein friedliches und offenes Miteinander der Menschen und Religionen in Schwerin einzutreten.

In Teterow marschierten rund 150 Personen bei einem ausländerfeindlichen Aufmarsch durch die Stadt. Auf dem Marktplatz fand eine Zwischenkundgebung der Anti-Asyl-Aktion statt - allerdings nicht ungestört. »Der Redner musste sich dabei einem Kirchengeläut und Musik erwehren, welche aus dem Rathaus heraus abgespielt wurden«, berichtet die Polizei. Unter dem Motto »Herz statt Hetze« fand zudem ein Bürgerfest statt, an dem etwa 300 Menschen teilnahmen.

Bereits am Samstag war bekannt geworden, dass in Sachsen erneut zwei mögliche Flüchtlingsunterkünfte in Flammen aufgegangen sind. Während die Polizei im Falle eines leerstehenden Hotels in Dresden noch wegen des Verdachts auf Brandstiftung ermittelt, geht sie beim zweiten Feuer in einer Wohncontainer-Anlage in Dippoldiswalde (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) bereits davon aus, dass es vorsätzlich gelegt wurde. Beide Brände waren am frühen Samstagmorgen ausgebrochen. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden wird allein bei den Wohncontainern in Dippoldiswalde auf mehrere Hunderttausend Euro geschätzt. Dort ermittle bereits das für rechte Straftaten zuständige Operative Abwehrzentrum (OAZ).

In der Vergangenheit brannten in Sachen bereits mehrfach für Flüchtlinge vorgesehene Unterkünfte. Unter anderem gab es einen Brandanschlag auf eine geplante Unterkunft in Meißen im Juni. Auch in Leipzig, Döbeln oder in Aue gab es Vorfälle. Agenturen/nd

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