Leinwand-Star gegen rechte Gewalt

Schauspieler Hardy Krüger bekennt in Potsdam: Die Nazis sind meine Todfeinde

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit einem eindringlichen Appell, rechten Agitatoren keinen Fußbreit zu gönnen, ist der Schauspieler Hardy Krüger (87) am Montag in Potsdam aufgetreten. Und klärt ganz deutlich, wer seine Feinde sind.

Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, hat Hardy Krüger im Potsdamer Stadthaus das Projekt Tour »Gemeinsam gegen rechte Gewalt« vorgestellt. Er hat es zusammen mit prominenten Kollegen und Freunden wie Dieter Hallervorden, Hark Bohm und Klaus Bednarz ins Leben gerufen. Seit 1957 in Köln erstmals wieder Hakenkreuze an der Synagoge zu sehen waren, »sind die Nazis meine Todfeinde«, bekannte Krüger am Montag. Aufgrund seines Engagements sei er auch schon offen bedroht worden, so wie auch sein »lieber Freund Dieter Hallervorden«.

Krüger, Jahrgang 1928, hatte noch vor dem Krieg erste Filmerfahrungen in Potsdam sammeln können. Dorthin sei er, der Sohn gläubiger Nazis und ein glühender Anhänger des »Führers« (»Eine Hitler-Büste stand auf unserem Klavier«), gegangen. Ein älterer Schauspieler habe ihm in Potsdam »sehr geschickt« vor Augen geführt, dass Deutschland von einer Verbrecherbande beherrscht wurde. Für ihn als Jugendlichen und Zögling einer Hitler-Eliteschule sei es schwer gewesen, »den Halbgott Hitler« so entzaubert zu sehen.

Angesprochen auf seine einstigen Paraderollen als Wehrmachts-Offizier und Sympathieträger im bundesdeutschen Kino und Fernsehen, sagte Hardy Krüger: »Ich habe diese Filme nicht geschrieben.« Von seinen 80 Filmrollen seien sechs oder sieben »Uniformrollen« gewesen. Er nannte es sein damaliges Bestreben, in den Rollen zu zeigen, wie sich Deutsche hätten benehmen sollen und sich leider nicht immer benommen haben. Krüger verwies in diesem Zusammenhang auf seine Filmrollen als Widerstandskämpfer, so in einem Film, der »in Frankreich mit großen Erfolg gelaufen« sei, in der Bundesrepublik dagegen überhaupt nicht.

»Damals hieß es ›Juden raus‹, heute hört man ›Islamisten raus‹«, schlug der Schauspieler den Bogen zur Gegenwart. Heute habe sich Deutschland an der Flüchtlingsfrage zu bewähren. »Wir sind 80 Millionen, sind da 800 000 Kriegsflüchtlinge nicht ein bisschen wenig?«, fragte er herausfordernd. Wenn CSU-Chef Seehofer der Kanzlerin ein Ultimatum in der Flüchtlingsfrage stelle, dann sei das »absurd«. Die Pläne, die die Union inzwischen verfolge, bezeichnete Krüger als »menschenunwürdig.«

Als er 1945 aus der Kriegsgefangenschaft heimgekommen sei, habe er unterwegs nichts als Trümmer gesehen. Jetzt, auf seiner Tour durch Deutschland, wolle er vor allem jungen Menschen vor Augen führen, wie dämlich es sei, Leuten zu folgen, die aus der Geschichte nichts gelernt hätten und dazu neigten, die fatalen deutschen Irrwege zu wiederholen. »Lasst euch nicht von Politikverdrossenheit anstecken, geht unbedingt wählen.«

Seit geraumer Zeit vertrete er, der einstige Jungnazi, sein Anliegen bei gemeinsamen Auftritten mit Anetta Kahane, einer deutschen Jüdin. Krüger kritisierte Polizei und Gerichte, die unverständlich milde gegen rechtsextreme Täter handeln und urteilen würden. Ihm scheine, dass manche von denen »am liebsten selbst bei Pegida mitmarschieren« würden.

Anetta Kahane sagte, hätten ihre Eltern in der Nazizeit keine Unterstützer gefunden, dann »würde ich heute nicht hier sitzen«. Sie gestand den deutschen Strafverfolgungsorganen zu, dass sich bei der Verfolgung rechter Gewalttaten in den vergangenen 15 Jahren »einiges getan« habe. Die Situation sei in den 1990er Jahren »skandalöser gewesen, als sie es heute ist«. Solange die Politik standhalte, sei sie eigentlich zufrieden. Schlimm werde es erst, wenn an dieser Stelle zurückgewichen werde, betonte Kahane.

Auf die Frage, ob die Stadt Potsdam ein Problem mit rechtsextremer Gewalt habe, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), man könne für die Zukunft nichts ausschließen, aber derzeit gebe es »keine extreme Gewaltszenerie in der Stadt«, und auch eine Pegida-Bewegung habe längst nicht in dem Maße Fuß fassen können, wie inzwischen in anderen Städten Brandenburgs. Das sei nicht zuletzt dem »breiten gesellschaftlichen Konsens« zu verdanken, der von allen Seiten erarbeitet worden sei.

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