»Mehr Übergriffe und Anschläge im Osten als nach der Wende«

Anetta Kahane: Im Osten hatten Staat und Gesellschaft in den 90ern zugelassen, dass Nazis gewinnen

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Osten Deutschlands ist aus Sicht der Vorstandsvorsitzenden der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, für Migranten kein empfehlenswerter Ort. »Hierher geht niemand mit offenen Herzen.«

Ist die heutige Situation wie vor 25 Jahren, als Jagd auf Ausländer gemacht wurde?
Es ist noch schlimmer als damals: Es gibt mehr Übergriffe und mehr Brandanschläge, allerdings nicht so viele Todesfälle. Es entwickelt sich aber eine gesellschaftliche Debatte, wie man mit Gewalt und Flüchtlingen umgeht. Das war damals nicht der Fall.

Sind Angriffe auf Ausländer ein typisch ostdeutsches Problem?
Nein, aber es taucht vermehrt dort auf. Im Westen leben seit 50 Jahren Migranten und Gastarbeiter. Im Osten hat nach der Wende der Mob recht bekommen. Staat und Gesellschaft hatten zugelassen, dass Nazis gewinnen. Heute würde freiwillig kein Migrant mit offenen Herzen in den Osten gehen. Er weiß, dass das ungesund sein kann.

Inwieweit ist Pegida an der Stimmung gegen Ausländer beteiligt?
Ich glaube Pegida ist eine Art Abwehrreaktion. Die Teilnehmer sagen, wir wollen es gemütlich haben, ohne andersartige Menschen. Sie wollen einfach ihre Privilegien behalten.

Wie kann Rechtsextremen der Boden entzogen werden?
Die Frage nicht ist nicht wie, sondern ob. Man muss es nur machen.

Anetta Kahane (61) gründete 1991 die Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule für die neuen Bundesländer. Seit 1998 ist sie Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, die an das erste Todesopfer rechter Gewalt nach der Wende erinnert.

Das Interview führte Gudrun Janick, dpa.

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