Werbung

Zu wenig Geld für die Schiene

Mit den knappen Mitteln vom Bund drohen bis 2030 erhebliche Einschnitte im Angebot

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Schienenverkehr ist in Brandenburg das Rückgrat der ÖPNV. Doch selbst das bisherige Niveau lässt sich nicht halten, sollte das Land bei der Verteilung der Mittel künftig schlechter gestellt werden.

Berlin-Brandenburg befindet sich im demografischen Umbruch, die Bevölkerung altert und vor allem Brandenburgs Randregionen erleben einen drastischen Rückgang der Einwohnerzahlen. Im Gegensatz dazu expandieren Berlin und der sogenannte Speckgürtel. Zahllose Pendler sind täglich zwischen Stadt und Land unterwegs.

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) meldet stetig wachsende Fahrgastzahlen. 1,365 Milliarden Kunden beförderte er 2014, täglich brachten Bahnen und Busse 3,7 Millionen Fahrgäste im Regional- und Nahverkehr von A nach B. Rückgrat ist mit 43 Linien der Schienenverkehr. Doch seit Monaten warnen Verkehrsverbund, Kundenverbände sowie Politiker auf kommunaler und Landesebene davor, dass die Mittel für die Finanzierung des ÖPNV bald nicht mehr ausreichen. Um das erreichte Niveau aufrechtzuerhalten oder gar auszubauen, fehlt Geld. Grund ist die umstrittene Festlegung der sogenannten Regionalisierungsmittel für den Bahnverkehr in den Ländern 2015 bis 2030 durch Bundestag und Bundesrat.

Der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ist Mitte der 1990er Jahre aus der Zuständigkeit des Bundes in die Verantwortung der Länder übergegangen. Zu seiner Finanzierung und zur Förderung von Investitionen in Bus- und Straßenbahnlinien (den übrigen Öffentlichen Personennahverkehr) überweist der Bund den Ländern Regionalisierungsmittel. Verteilt werden sie nach einem vereinbarten Verfahren - einschließlich 2015 gilt der »Kieler Schlüssel«, der Einwohnerzahlen und angemeldete Zugkilometer zugrunde legt. 2014 standen den 16 Bundesländern insgesamt 7,3 Milliarden Euro an Regionalisierungsmitteln zur Verfügung. Nach Angaben des Infrastrukturministeriums in Potsdam erhielt Brandenburg davon rund 417 Millionen Euro - 344 Millionen Euro für den schienengebundenen Regionalverkehr sowie 73 Millionen Euro, die über das ÖPNV-Gesetz für den Betrieb von Bussen und Straßenbahnen an die Kommunen gingen.

Ein von den Ländern in Auftrag gegebenes Gutachten hatte für den Zeitraum bis 2030 als Mindestbedarf 8,5 Milliarden Euro bei einer Dynamisierung von jährlich 2,5 Prozent zur Kompensation steigender Stations- und Trassenpreise ermittelt. Da der Bund mit erheblich weniger kalkulierte, hatten in Brandenburg VBB und Verbände Alarm geschlagen und vor drohenden Einschnitten im Regionalverkehr und Stilllegungen gewarnt. Im Vermittlungsausschuss des Bundesrats hatte es schließlich am 16. Oktober einen Kompromiss gegeben: Acht Milliarden Euro zahlt der Bund 2016, die Steigerung in den Folgejahren ist auf 1,8 Prozent begrenzt.

Ein Sprecher des Infrastrukturministeriums räumte ein, dass das knapp sei, zumal die von den Ländern geforderte Deckelung der Trassen- und Stationspreise nur in einer Protokollerklärung vermerkt sei. Auch die Verteilung der Regionalisierungsmittel, die wichtigste Stellschraube, solle eine mit den Ländern abgestimmte Verordnung des Bundes erst noch regeln. Die ostdeutschen Länder, die mit starken Bevölkerungseinbußen rechnen, zugleich aber weiterhin einen hohen Investitionsbedarf haben, befürchteten daher eine Schlechterstellung gegenüber den bevölkerungsreicheren Ländern im Westen, so der Sprecher.

Die Verteilung der Regiomittel müsse aus Sicht der verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, Anita Tack, so erfolgen, dass es zumindest keine Kürzungen zu den jetzigen Zahlungen gebe. »Bei Anwendung des Kieler Schlüssels werden die Ostländer den Kürzeren ziehen. Deshalb ist der Kompromiss im Vermittlungsausschuss, dass die Länder nun weniger Geld unter sich aufteilen sollen kein guter«, stellte sie gegenüber dem »nd« klar. Tack hatte sich dafür stark gemacht, ein Schlechterstellungsverbot in die neuen Regelungen aufzunehmen und betont: »Brandenburg hat ein existenzielles Interesse, den Regionalverkehr als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht nur zu sichern, sondern zu verbessern.« Und angesichts der wachsenden Aufgaben im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Integration der Flüchtlinge gehöre sogar mehr Geld ins System.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.