Fördermittel für halbherzige Deutschkurse
Gute Bleibeperspektive ist Voraussetzung eines kostenlosen Besuchs - aber nur für Flüchtlinge ausgewählter Nationalitäten
Die deutliche Verschärfung des Asylverfahrensrechts und schnellere Abschiebungen gelten gerade Kommunalpolitikern als verschmerzbar wegen gleichzeitiger Finanzhilfen für Länder und Kommunen und Mittel des Bundes für Integrationskurse. Doch auch bei Integrationsmaßnahmen finden sich Ungereimtheiten und fragwürdige Regelungen, wie ein genauerer Blick zeigt.
Das Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz legt fest, dass die Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Kosten der Deutschkurse für Asylbewerber mit einer »guten Bleibeperspektive« für maximal 320 Unterrichtsstunden übernehmen. Ziel ist es, ihnen den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das Angebot wurde als einmalige Leistung neben den bereits bisher bestehenden Integrationskursen über 600 Stunden eingeführt, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anbietet. Das Recht auf Teilnahme an den umfangreicheren Kursen sei gesetzlich nicht verankert, kritisiert Volker Roßocha, Integrationsexperte des DGB. »Gefördert werden die Flüchtlinge nur im Rahmen verfügbarer Kursplätze.« So bestehe die Gefahr, dass diejenigen, die keinen Platz für die 600-Stunden-Integrationskurse erhalten, auf die weniger umfangreichen Kurse mit 320 Stunden »abgeschoben« werden. »Das halten wir für ein Problem«, so Roßocha.
Nur Flüchtlinge mit einer »guten Bleibeperspektive« haben zudem die Möglichkeit zum kostenlosen Besuch der Deutschkurse. Alle anderen müssen die Kurse aus eigener Tasche bezahlen. Eine gute Bleibeperspektive haben per Definition des Gesetzes Asylbewerber, die einen »rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu erwarten haben«. Trotzdem gilt die Förderung derzeit nur für Flüchtlinge aus den Ländern Syrien, Eritrea, Irak und Iran. Damit profitieren beispielsweise Asylbewerber aus Ländern wie Afghanistan, Somalia und Nigeria nicht von dieser Maßnahme. Auch sie stammen nicht aus den sogenannten »sicheren Herkunftsstaaten« und haben laut Experten ebenfalls gute Chancen, eine längerfristige Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. »Die Bundesagentur für Arbeit orientiert sich zunächst nach den Zugangszahlen der Asylanträge, um schnell reagieren zu können«, begründet Paul Ebsen von der BA nicht ganz schlüssig die Länderauswahl.
Volker Roßocha nennt es »nicht zielführend«, wenn der ohnehin fragliche Begriff einer »guten Bleibeperspektive« auf Asylbewerber bestimmter Ländern reduziert werde.
Den Trägern der Deutschkurse gegenüber erhebt die Bundesregierung offenbar keine besonderen Anforderungen. Das mag einer der Gründe sein, warum jetzt Anbieter wie Pilze aus dem Boden schießen. Darunter sind auch seriöse Bewerber wie die Industrie- und Handwerkskammer, die plane, solche Deutschkurse anzubieten. Doch: »Rein theoretisch kann ein Bildungsträger Kurse einrichten, Teilnehmer selbst akquirieren und am ersten Tag des Unterrichtes der Agentur für Arbeit die Teilnehmerliste senden«, wie Ebsen erläutert.
Eine besondere Qualifizierung ist nicht nachzuweisen. Die Träger der Kurse können ihre Befähigung durch eine »Eigenerklärung« nachweisen. Ein Zertifizierungsverfahren würde zu lange dauern, so lautet die Begründung. Freilich dürften die »qualitativen Aspekte nicht außer Acht gelassen werden«, beteuert Ebsen.
Die Träger können sich jeweils bei der Ausländerbehörde informieren, die Angehörigen welcher Nationalitäten förderfähig sind. Die Teilnehmerzahl ist auf 25 beschränkt, obwohl für einen effektiven Deutschunterricht normalerweise 12 bis 15 Teilnehmer vorgesehen sind. Gefördert werden nur Personen, die bis zum 31.12.2015 einen Deutschkurs belegen, da »die finanziellen Mittel aus dem Haushalt für das Jahr 2015 kommen und dementsprechend abgerechnet werden«, wie Ebsen erklärt.
Integrationskurse allein für Flüchtlinge mit einer »guten Bleibeperspektive« bezeichnet die unabhängige Menschenrechtsorganisation »PRO ASYL« in einer Mitteilung als »zweischneidig«. Neben der Förderung ausgewählter Nationalitätengruppen sorgten solche Konzepte überdies für die Entstehung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft von Asylbewerbern mit »guter« und »schlechter« Bleibeperspektive.
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