Blockaden gegen AfD-Demonstration in Berlin geplant
Bündnis will sich den Rechtskonseravtiven am 07.11. in den Weg stellen / SPD-Politikerin Özoguz: Vier Jahre nach NSU neuen Rechtsterrorismus verhindern
Update 14.30 Uhr: Özoguz: Vier Jahre nach NSU neuen Rechtsterrorismus verhindern
Vier Jahre nach Aufdeckung der NSU-Mordserie hat die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), zur Verhinderung eines neuen Rechtsterrorismus aufgerufen. »Angesichts brennender Flüchtlingsheime und einer beängstigenden Radikalisierung von Flüchtlingsgegnern ist die Frage, wie Rechtsterrorismus entsteht, leider wieder hochaktuell«, erklärte Özoguz am Mittwoch in Berlin. Sicherheitsbehörden sollten sehr genau prüfen, ob es sich bei den Anschlägen auf Flüchtlinge »wirklich nur um Einzeltaten handelt oder ob System dahinter steckt, gar von vernetzten Strukturen gesprochen werden kann«
Blockaden gegen AfD-Demonstration in Berlin geplant
Die rechtspopulistische und asylfeindliche AfD plant für Samstag, den 7. November 2015,eine Großdemonstration in Berlin. Unter dem Motto »Asyl braucht Grenzen. Rote Karte für Merkel« wollen sie 10.000 Menschen auf die Straße mobilisieren.
Der Demonstration will sich ein breites Bündnis entgegenstellen und mit Blockaden ein Aufmarschieren der Rechtspopulisten verhindern. Um 11.00 Uhr lädt das »Bündnis gegen Rechts« zu einer Protestveranstaltung ein. Mit dabei sind Vertreter von SPD, CDU, Die Grünen und LINKE. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: »Wir wenden uns gegen rassistische Aussagen, die Ängste auf dem Rücken notleidender Menschen schüren.«
Die linke Gruppierung »Interventionistische Linke« ruft für Samstag außerdem zu Blockaden der AfD-Demonstration auf. »Wir wollen und wir werden verhindern, dass die AfD-Demonstration durch Berlin marschieren wird«.
Am Mittwoch abend wird eine erneute AfD-Kundegebung in Erfurt erwartet.
Keine Verurteilung wegen rassistischer Äußerungen
Die Staatsanwaltschaft Görlitz hat indessen das Ermittlungsverfahren gegen den Unternehmer Winfried Stöcker zum Vorwurf der Volksverhetzung eingestellt. Das Verhalten des früheren Eigentümers des ehemaligen Karstadt-Warenhauses in Görlitz erfülle keinen Straftatbestand, teilte die Staatsanwaltschaft Görlitz am Mittwoch mit. Eine Aufstachelung zum Hass, eine Aufforderung zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung sei in den Äußerungen des Beschuldigten »erkennbar nicht enthalten«.
Das Verfahren war wegen Äußerungen von Stöcker in einem Interview mit der »Sächsischen Zeitung« vom 18. Dezember 2014 eingeleitet worden. Der Lübecker Medizin-Unternehmer, der in Görlitz investiert, sprach darin von »reisefreudigen Afrikanern«, die »ungebeten über das Mittelmeer zu uns gelangen« und das Asylrecht missbrauchten. Er beschäftige zwar auch selbst Ausländer, darunter viele Türken, würde diese jedoch »am liebsten zurück in ihre Heimat schicken«, hatte Stöcker geäußert. Ausländer hätten »kein Recht, sich in Deutschland festzusetzen«. Stöcker ist Eigentümer des leerstehenden Görlitzer Jugendstilkaufhauses. Er weigerte sich, sein Kaufhaus für ein Benefizkonzert für Asylbewerber zur Verfügung zu stellen.
Nach Artikel 5 des Grundgesetzes zur freien Meinungsäußerung sei eine Strafbarkeit nur dann gegeben, wenn den angegriffenen Personengruppen »ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft« abgesprochen und sie als »minderwertige Wesen« behandelt würden, hieß es. Dies sei nicht der Fall gewesen.
Ex-Regierungssprecher wirft Sicherheitsbehörden Alltagsrassismus vor
In den deutschen Sicherheitsorganen gibt es nach Ansicht des Mitgründers der Initiative »Gesicht zeigen!«, Uwe-Karsten Heye, »einen weit verbreiteten Alltagsrassismus«. Anders sei es nicht zu erklären, dass die Sicherheitsbehörden den rechtsextremistisch-deutschen Hintergrund der Terrorzelle »Nationalsozialistischer Untergrund« jahrelang bestritten hätten, sagte Heye dem Bremer »Weser-Kurier«. Die Initiative »Gesicht zeigen!« engagiert sich gegen Rechtsextremismus.
Auch heute noch dauere es lange, bis die Polizei mitteile, dass Täter einen rechtsradikalen Hintergrund haben: »Die Scheu, solche Tatsachen zu benennen, ist ein Teil dessen, was ich als institutionellen Rassismus bezeichne«, sagte der ehemalige Regierungssprecher.
Angesichts der in den vergangenen Wochen zunehmenden Attacken auf Asylbewerber und Flüchtlingsunterkünfte müsse sich bei den Sicherheitsbehörden endlich »ein neues Denken« durchsetzen, forderte Heye. Das falsche Kameradschaftsverständnis, das rechtsextremes Denken und Handeln innerhalb der Behörde decke, müsse überwunden werden. Die staatlichen Institutionen sollten sich eindeutig auf die Seite der Bürger stellen, die dem Rechtsextremismus Widerstand leisteten.
Große Mehrheit will Pegida vom Verfassungsschutz beobachten lassen
Drei Viertel der Deutschen sind dafür, die Organisatoren des islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Eine solche Überwachung lehnen hingegen 18 Prozent ab, wie eine Forsa-Umfrage für das Nachrichtenmagazin »Stern« ergab. Von den AfD-Anhängern sagen zwei Drittel Nein zu einer staatlichen Beobachtung des vorbestraften Pegida-Chef Lutz Bachmann, bei den Ostdeutschen sind der Umfrage zufolge 26 Prozent dagegen.
Erst am Montagabend hatte Bachmann Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in einer Rede in Dresden in die Nähe des NS-Reichspropagandaleiters Joseph Goebbels gerückt. Maas verzichtete jedoch auf eine Strafanzeige.
Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz sieht bislang keinen Anlass für eine Überwachung der Pegida-Führung. Dagegen werden Pegida-Ableger in anderen Bundesländern bereits beobachtet. Agenturen/nd
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