Hand in Hand gegen Flüchtlinge
Scharfe Kritik an Beschlüssen der Großen Koalition zur Asylrechtsverschärfung / Sehr hohe Zahl rechter Straftaten
Während sich die Bundesregierung am Asylrecht abarbeitet, jegliche Empathie abschiebt und nichts zur Bekämpfung der Fluchtursachen unternimmt, setzen Nazis und Rassisten den Auftrag um, den sie durch die ununterbrochene Hetze von »besorgten Bürgern« und auf allen politischen Ebenen glauben erhalten zu haben: 1380 rechtsextrem motivierte Straftaten und 104 Gewalttaten. Allein in diesem September. Die Zahlen gehen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Petra Pau (LINKE) hervor. »Diese Zahlen sind im langjährigen Vergleich weiterhin extrem hoch«, erklärte Pau, und: »Alle Zahlen sind vorläufig und stapeln erfahrungsgemäß tief.«
Die hohen Zahlen decken sich auch mit den Beobachtungen des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, der »ein alarmierendes Ausmaß rassistischer Angriffe insbesondere gegen geflüchtete Personen« feststellt. Zunehmend würden auch Waffen, Sprengstoffe und Brandsätze eingesetzt. Politik und Verwaltung versagten dabei, »die Sicherheit der Betroffenen zu gewährleisten und Solidarität zu demonstrieren«. Stattdessen verstärke die Politik existenzielle Ängste durch Abschiebungen und die Verschärfung des Asylrechts. »Dies stärkt die Sicherheit rassistischer Gewalttäter und -täterinnen, den vermeintlichen Willen der Mehrheit umzusetzen.«
Statt gegen die explodierende Zahl rechter Straftaten geht die Große Koalition lieber konsequent gegen diejenigen vor, die nicht nur ihre Heimatländer verlassen müssen, sondern hier angekommen weiterhin von Gewalt bedroht sind. Mit dem neuesten »Asylkompromiss« wird so die Politik einer Zuteilung von Menschenrechten nach Gutdünken weiter beschleunigt.
Entsprechend vernichtend fällt das Urteil von Oppositionsparteien und Flüchtlingsrechtsorganisationen aus. »Die sogenannten Registrierungszentren hätten auch gleich Abschiebungsbeschleunigungszentren genannt werden können, denn genau dazu sollen sie dienen«, erklärt etwa die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. In diesen Sonderlagern würden nicht nur Flüchtlingen aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten bis zur Abschiebung festgehalten, sondern auch »noch andere unliebsame Flüchtlinge landen, zum Beispiel solche mit angeblich ›fehlender Mitwirkungsbereitschaft‹«. Diese könne bereits vorliegen, wenn Schutzsuchende keine gültigen Papiere vorweisen könnten. »Die Bundesregierung will sich hier ein Einfallstor zur massenhaften Abschiebung schaffen.«
Pro Asyl kritisiert an den geplanten Schnellverfahren, die »analog dem Flughafenverfahren ausgestaltet werden«, dass »Flüchtlingen ein faires Asylverfahren verwehrt wird und für sie beispielsweise verkürzte Rechtsschutzfristen gegen negative Entscheidungen gelten«. Horst Seehofer habe damit ein rechtsstaatlich fragwürdiges und die Menschenrechte beschneidendes Eilverfahren durchgesetzt, so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl. »Die Entrechtung von Flüchtlingen behebt keine Fluchtursachen und wird kurzfristig die Flucht nach Europa sogar eher verstärken - auch in den Wintermonaten.«
Mit dieser Prognose bezieht sich Burkhardt auf die Aussetzung des Familiennachzugs von subsidiär geschützten Flüchtlingen für zwei Jahre. Dies werde »vermehrt Frauen und Kinder auf die lebensgefährlichen Routen und Boote treiben. Mangels legaler Zugangswege werden mehr tote Frauen und Kinder auf der Hauptfluchtroute über die Ägäis zu betrauern sein.« Schon derzeit stürben jeden Tag Dutzende Babys, Kinder und Frauen in der Ägäis - oft Menschen mit Verwandten in Deutschland.
Auch die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, findet vor allem die Einschränkung des Familiennachzugs besorgniserregend. Im Moment sei die Rede davon, dass es nur sehr wenige betreffe. »Meine noch größere Sorge ist, dass dieser Status ausgeweitet werden soll«, so Göring-Eckardt. Dann werde ganz schnell über sehr viele Frauen und Kinder gesprochen.
Lange brauchten die Kritiker nicht warten, um sich bestätigt zu sehen: Am Freitag erklärte die rheinland-pfälzische Vorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU Julia Klöckner bereits, dass weitere Schritte notwendig seien: »Wir werden in Zukunft eine noch stärkere Begrenzung des Familiennachzugs haben. Da bin ich mir sicher.«
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