Werbung

Wachschutz jagte in Dresden Flüchtlinge

Misshandlungsvorwürfe gegen Sicherheitspersonal in Asylsunterkunft / Video dokumentiert Vorfall / Bündnis »Dresden für Alle«: Auswahl der Security-Mitarbeiter muss verbessert werden

  • Lesedauer: 3 Min.
Auf Bildern ist zu sehen, wie ein Flüchtling über den Hof einer Unterkunft rennt. Er wird von Wachleuten verfolgt, getreten und geschlagen. Die Wachleute seien provoziert und angegriffen worden, heißt es.

Dresden. Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes sollen in einer Flüchtlingsunterkunft in Dresden Asylbewerber misshandelt haben. Die »Sächsische Zeitung« veröffentlichte am Mittwoch Fotos und ein Video, auf denen zu sehen ist, wie ein Flüchtling gejagt, geschlagen und getreten wird. Der Geschäftsführer der Sicherheitsfirma, Martin Linnemann, räumte ein, dass »diese Jagd« nicht hätte stattfinden dürfen. »Das ist absolut schiefgelaufen« sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings seien dem Vorfall Ende Oktober Provokationen und ein Angriff des 23 Jahre alten Flüchtlings vorausgegangen, bei dem ein Wachmann verletzt worden sei.

Im Polizeibericht war damals von einem Handgemenge zwischen Flüchtlingen und dem Wachpersonal mit zwei Verletzten die Rede. Grund sei ein Streit um die Reinigung der Zimmer gewesen. Nach wie vor liefen dazu Ermittlungen, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner am Mittwoch. Es lägen wechselseitige Anzeigen wegen Körperverletzung vor. Die rund 30 Beamten hätten bei dem Einsatz eine »angespannte Stimmung« zwischen Wachleuten und Bewohnern festgestellt. »Wir haben dann den Kontakt zur Sicherheitsfirma gesucht und einen Personalaustausch angeregt, was die dann auch sofort gemacht haben.«

In dem Fall stehen laut Geithner noch mehrere Vernehmungen an. Sowohl Bewohner der Unterkunft als auch Wachleute müssten noch befragt werden. Nach Angaben Linnemanns wandte sich die Polizei erst nach den Presseveröffentlichungen an seine Firma.

Schon am Tag vor dem Vorfall habe es bei Brandschutzkontrollen in den Zimmern Probleme zwischen seinen Mitarbeitern und dem betroffenen Flüchtling gegeben. Der 23-Jährige sei dabei so aggressiv geworden, »dass er festgenommen und der Polizei übergeben wurde«, sagte Linnemann. Kurze Zeit später sei er wieder freigekommen. Bewohner der Unterkunft gaben hingegen laut »Sächsischer Zeitung« an, dass die Wachleute unangemeldet in die Zimmer gekommen seien und sie beleidigt und bedroht hätten.

Im Zentrum der Vorwürfe steht ein irakischer Wachmann. »Da ist ein Trupp, angeführt von einem Iraker, der stürmt einfach in unsere Zimmer. Sie treten unter unsere Bettmatratzen, der Iraker beleidigt uns auf Arabisch. Er droht damit, uns zu den Afghanen zu verlegen«, sagten syrische Flüchtlinge dem Blatt.

»Wir haben ihn extra dort eingesetzt, weil er Arabisch spricht und das zur Deeskalation beitragen sollte«, sagte Linnemann. »Von den Vorwürfen gegen ihn ist vorher nie etwas zu uns durchgedrungen.« Der Mann sei von dem 23-Jährigen vor der auf Video festgehaltenen Jagd mit einem Stein geschlagen und im Gesicht verletzt worden. Nach dem Vorfall habe man sich von den bei einem Subunternehmen beschäftigten Wachleuten getrennt. »Ohne dass das eine Wertung sein soll.«

Der Vorfall ereignete sich in einer Erstaufnahmeeinrichtung im früheren Technischen Rathaus der Stadt Dresden, die vom Deutschen Roten Kreuz betreut wird. Ein DRK-Mitarbeiter bezeichnete die Wachleute gegenüber der Zeitung als »sehr forsch auftretend«. In der Unterkunft sind rund 1400 Menschen untergebracht. Die für die Unterbringung zuständige Landesdirektion teilte dem Blatt mit, dass mehrere Vorfälle bekannt seien, »die auf ein Fehlverhalten von Security-Mitarbeitern schließen lassen«.

Das Bündnis »Dresden für Alle«, dass sich in der Landeshauptstadt für eine Willkommenskultur einsetzt, forderte den Freistaat auf, seiner Verantwortung für die Sicherheit der Flüchtlinge nachzukommen. »Wir fordern das sächsische Innenministerium auf, bei der Auswahl der als Security arbeitenden Menschen zu sichern, dass diese über eine hohe soziale Kompetenz verfügen, die sie befähigt, diesen speziellen Sicherheitsdienst angemessen zu leisten«, teilte das Bündnis mit. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.