Kurdische Viertel in Silvan unter Beschuss

Türkische Militäroperation fordert weitere Opfer – fünfjähriger Junge erschossen / HDP ruft nach internationaler Beobachtermission / HDP-Chef Demirtaş: Das ist keine Polizeiaktion mehr

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. In der südostanatolischen Stadt Silvan gehen türkische Sicherheitskräfte weiter massiv gegen kurdische Gruppierungen und die Zivilbevölkerung vor. Dabei wurde laut der Agentur Firat News ein fünfjähriger Junge getötet. Laut der linken Partei HDP sind bei der Militäroperation Scharfschützen im Einsatz, zahlreiche Gebäude seien zerstört worden, die Zivilbevölkerung leide unter einer seit Tagen andauernden Ausgangssperre sowie der immer prekärer werdenden Versorgungslage. Auch vom Beschuss von Stadtteilen mit Artillerie und Panzern ist die Rede.

Der HDP-Politiker Mehmet Ali Aslan, der sich zurzeit in der Stadt aufhält, rief internationale Organisationen auf, sich ein Bild von den Gräueltaten zu machen. Die Spitze der HDP rief derweil zur Unterstützung der Zivilbevölkerung auf. Im Ringen um Frieden und Gerechtigkeit dürfe keine Zeit verloren werden, hieß es. Parteichef Selahattin Demirtaş sagte gegenüber Med Nuçe TV, der Widerstand gegen die türkischen Militärs in Silvan sei eine Frage, bei der es um das ganze kurdische Volk gehe. Er sprach zudem davon, dass es sich um die bisher schwerste Offensive gegen Kurden in der Region handele. Es handele sich dabei nicht um eine polizeiliche Aktion zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung«, so Demirtaş. Die Stadt sei »umgeben von gepanzerten Fahrzeugen«, es gebe Berichte über Bombenabwürfe aus Helikopter.

Laut der Nachrichtenagentur AFP gingen auch anderswo im Südosten der Türkei die Kämpfe zwischen der verbotenen PKK und Sicherheitskräften weiter. Berichtet wurde von Feuergefechten in der Stadt Silopi sowie einer Bombenexplosion in der Provinz Mardin. Laut der Agentur wurden am Dienstagabend in Silopi nahe der syrischen Grenze drei Polizisten getötet. Am Mittwoch starb laut der Nachrichtenagentur Dogan ein städtischer Angestellter bei einem Bombenanschlag auf einen Polizeikonvoi in der Stadt Dargecit in Mardin.

Die PKK hatte vergangene Woche ihre vor der Parlamentswahl ausgerufene Feuerpause für beendet erklärt. Zuvor war der Konflikt der Regierung in Ankara mit der PKK wieder eskaliert, nachdem das autoritäre Regime massiv gegen Linke und Kurden vorgegangen war. Ein vor drei Jahren eingeleiteter Friedensprozess kam zum Erliegen. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.