Der kriegerische Akt

Fragen und Antworten zu den Terrorattentaten von Paris

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Attentäter von Paris haben ihr Ziel erreicht - Frankreich ist geschockt, in Europa herrscht weithin Angst. Frankreichs Präsident spricht von Krieg und droht: »Wir werden gnadenlos reagieren!«

Obwohl die Grundzüge der Anschläge von Paris bereits am Samstagabend bekannt schienen, bleib auch einen Tag später vieles vage. Zeugen widersprachen sich, Behörden blieben einsilbig, Medien spekulierten.

Was waren die Anschlagsziele?

Die Terroristen starteten ihre Überfälle am Freitagabend im Vorort Saint-Denis sowie im 10. und 11. Bezirk der französischen Hauptstadt gegen 21.20 Uhr. Da begann für Bewohner von Paris und viele Gäste das übliche turbulente Wochenende. Sie besuchten Cafés, Restaurants, Kulturveranstaltungen. Die Täter hatten sich offenkundig sechs Orte ausgesucht, um größere Menschenansammlungen zu treffen.

In der Nähe von zwei Eingängen des »Stade de Paris«, in dem das Fußball-Freundschaftsspiel Frankreich-Deutschland lief, explodierten Sprengsätze. Eine weitere Bombe wurde bei einem McDonald's-Restaurant gezündet. Laut einem Stadionwächter und nach Aussage eines Polizisten hatte mindestens ein Attentäter ein Ticket für das Spiel. Doch habe man 15 Minuten nach Anpfiff bei dem Mann eine Sprengstoffweste entdeckt. Beim Versuch zu entkommen habe er sich in die Luft gesprengt.

Mehrere Cafés und Restaurants waren Ziel der Angreifer. Aus einem Pkw soll mit Sturmgewehren unter anderem in die Bar »Le Carillon« sowie auf das kambodschanische Restaurant »Le Petit Cambodge« gefeuert worden sein. Mehrere bewaffnete Männer drangen nach halb zehn Uhr in die Bataclan-Konzerthalle ein. Dort gab es die meisten Opfer. Bis zum Sonntagabend hatte man 89 ermittelt. In der Halle, die einem jüdischen Geschäftsmann gehören soll, fand ein Rockkonzert statt. Die Angreifer sollen »Allahu Akbar« (Allah ist groß) gerufen haben. Andere Zeugen berichteten dagegen von wortlosem Morden. Da die Täter sich bei der fast dreistündigen Geiselnahme nicht vermummten, war klar, dass sie nicht untertauchen wollten. Gegen 00.30 Uhr stürmten Spezialkräfte der Polizei den Saal. Dabei wurde ein Attentäter erschossen. Angeblich hat er jedoch - wie die anderen - seine Sprengweste ausgelöst. Es soll weitere Explosionen und Schießereien rund um das Theater unter anderem auf der Terrasse des Restaurants »La Casa Nostra«, in der Bar »La Belle Équipe«, auf dem Boulevard Voltaire und auf dem Boulevard Beaumarchais gegeben haben.

Wer waren die Attentäter?

Laut Erkenntnissen der Ermittler gingen die Täter in drei Teams vor. Wie viele es waren, ist nicht endgültig klar. Sieben Terroristen seien tot, heißt es. Drei Selbstmordattentäter sollen sich beim »Stade de France« in die Luft gesprengt haben, drei weitere starben im Bataclan. Der siebte Terrorist zündete seine Sprengstoffweste auf dem Boulevard Voltaire. Dass weiteren Attentätern die Flucht gelang, scheint nach Aussagen von Ermittlern denkbar.

Was lässt sich über die Identität der Täter sagen?

Dazu gibt es viele Ungereimtheiten. Insbesondere dann, wenn man davon spricht, dass Flüchtlinge, die unlängst in die EU gelangt seien, unter den Attentätern waren. Bei einem Täter, der sich vor dem Stadion in die Luft gesprengt hat, wurde angeblich ein syrischer Pass gefunden. Experten weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass der Pass gestohlen, gefälscht oder gekauft sein könnte. Einer der im Konzertsaal getöteten Terroristen konnte anhand seines Fingerabdrucks als Franzose identifiziert werden. Sein Vater und sein Bruder wurden in Polizeigewahrsam genommen.

Wie kamen die Täter zum Tatort?

Nach Angaben Staatsanwaltschaft benutzten die Attentäter bei den Anschlägen mindestens zwei Autos. Angeblich fuhren die Angreifer auf das Konzerthaus mit einem VW-Polo vor. Das Fahrzeug soll von einer Person mit französischem Pass ausgeliehen worden sein, die zuletzt in Belgien lebte. Diese Person sei am Samstagmorgen bei einer Routinekontrolle an der Grenze in einem dritten Auto kontrolliert worden. In dem Wagen hätten weitere Personen mit Wohnsitz in der Region Brüssel gesessen.

In der belgischen Gemeinde Molenbeek-Saint-Jean/Sint-Jans-Molenbeek bei Brüssel führten Sicherheitskräfte daraufhin eine Razzia durch. Zwei der Täter, so hieß es am Sonntag, sollen vor der Tat in Belgien gelebt haben. Eine fragwürdige Aussage angesichts unklarer Identitäten. In einem Pariser Vorort wurde ein schwarzer Seat gefunden. Laut Medienberichten sollen darin Kalaschnikows gelegen haben. Die Ermittler gehen davon aus, dass aus dem Fahrzeug auf die Lokale geschossen worden ist.

Womit waren die Täter bewaffnet?

Die Angreifer schossen mit Kalaschnikow-Stumgewehren, Kaliber 7,62 mm. Das ist eine weltweit verfügbare und leicht bedienbare Waffe des Militärs. Offenbar verfügten die Angreifer über reichlich Munition. Auch sollen sie im Konzerthaus Handgranaten geworfen haben. Die Sprengstoffwesten scheinen nach professionellen Anleitungen hergestellt worden zu sein. Insbesondere aus den Kriegsgebieten in Irak und Syrien heimgekehrte Terroristen sind mit der Herstellung solcher Westen vertraut gemacht worden.

Wer bekannte sich zu dem Verbrechen?

Der Islamischer Staat (IS) soll sich am Samstag im Internet auf Arabisch und Französisch als Urheber geoutet haben. Bislang nutzte der IS meist Videobotschaften für solche Erklärungen. In der schriftlichen Mitteilung werden die Anschläge als »gesegneter Kriegszug« auf das »kreuzzüglerische Frankreich« bezeichnet, Paris als »Hauptstadt der Unzucht und des Lasters«. Die Angreifer werden als »gläubige Gruppe der Armee des Kalifats« gepriesen.

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