AfD profitiert vom Terror in Paris

Rechtspopulisten in Umfrage drittstärkste Partei / Zulauf zur Pegida-Demo stagnierte am Montag

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach den Pariser Anschlägen ist die AfD im Aufwind - und drängt Bayern noch energischer auf undurchlässigere Grenzen. Die UN warnen davor, Flüchtlinge zu Sündenböcken zu machen.

Wer erwartet hatte, die ausländer- und islamfeindliche Pegida-Demonstration würde nach den grausamen Terrorangriffen in Paris erheblich anschwellen, sah sich am Montagabend getäuscht: Anders als nach dem Angriff auf die Pariser Redaktion der Satirezeitschrift »Charlie Hebdo« im Januar dieses Jahres - damals waren 25 000 Marschierer gekommen - hatte der Dresdner Aufzug nicht mehr Zulauf als eine Woche zuvor. Mit rund 10 000 Demonstranten stagnierte die Teilnahme, wenn auch auf hohem Niveau.

Aktuelle Bezüge zu den Anschlägen von Paris waren in der Pegida-Demonstration nur vereinzelt zu erkennen, etwa durch einige französische Fahnen. Am Anfang gab es eine Schweigeminute für alle Terroropfer, auch im Gedenken an die Toten des mutmaßlich von Terroristen zum Absturz gebrachten russischen Passagierjets über dem Sinai. Ansonsten dominierten bereits bekannte Motive.

Die Alternative für Deutschland (AfD) profitiert nach einem Bericht von »Bild« dagegen spürbar von den Anschlägen, wenngleich sich ein dramatischer Aufschwung im Vergleich zur Vorwoche noch nicht abzeichnet. Unter Berufung auf den Meinungstrend der Agentur INSA schreibt das Blatt, die rechtspopulistische Partei liege derzeit bei 10,5 Prozent Zustimmung. Das ist ein halber Prozentpunkt mehr als in der Vorwoche. Demnach wäre die AfD erstmals drittstärkste Partei nach Union und SPD.

Die Union konnte nach dieser Umfrage ihren Sturz in der Wählergunst stoppen und kommt auf 35 Prozent, ein Prozent mehr als in der Woche zuvor. SPD und Linkspartei verlören jeweils einen halben Punkt und lägen bei 23,5 bzw. zehn Prozent, die Grünen stagnierten bei ebenfalls zehn Prozent und die FDP läge mit fünf Prozent an der Grenze des Bundestagseinzugs.

Die Rechtspopulisten setzen ihre Kampagne gegen die Flüchtlingspolitik Berlins fort. Am Mittwoch will die AfD nach Magdeburg mobilisieren; das Bündnis gegen Rechts ruft als Protest zu einer Katzenmusik ab 19 Uhr auf dem Domplatz auf; Musikinstrumente seien mitzubringen. Für Samstag plant die AfD eine Kundgebung in Mainz, zu der auch Bundeschefin Frauke Petry erwartet wird. Gefordert wird eine Einschränkung des Asylrechts. Die Grüne Jugend organisiert eine Gegenkundgebung.

In Bayern profiliert sich die CSU mit Bezug auf die Angriffe als Partei der harten Linie in der Asylpolitik - und erneuert das »Angebot«, die Landespolizei könne eine »Sicherung« der Staatsgrenze übernehmen. Das ist Aufgabe des Bundes. »Entscheidend ist, dass die Grenzen besser gesichert werden«, so Innenminister Joachim Herrmann nach einer Kabinettssitzung in München. Der Bund müsse schnell »deutlich mehr Personal« zur Verfügung stellen. Sonst sei es »wenig verständlich«, das »Hilfsangebot« auszuschlagen. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, warnte zugleich davor, nun Flüchtlinge zu Sündenböcken zu machen.

Die Gewerkschaft der Polizei sieht dieselbe schlecht auf Terrorakte vorbereitet. Bund und Länder hätten in den vergangenen 15 Jahren 16 000 Stellen abgebaut. Der CDU-Politiker Henning Otte brachte einen Einsatz der Bundeswehr an den Grenzen ins Spiel, was die SPD freilich ablehnt. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, neue Sicherheitsgesetze seien nicht nötig, doch müssten nun »bessere Grenzkontrollen« erfolgen und mehr Beamte eingestellt werden. Seiten 2 und 6

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