Start in Polen
Neue Regierung setzt auf Patriotismus und die USA
Die national-katholisch-rechtskonservative Partei »Recht und Gerechtigkeit« (PiS) verfügt nunmehr über alle Machtinstrumente, um Polen »patriotisch« umzukrempeln. Zur Zeit gibt es noch ein Tauziehen um die Besetzung des Verfassungsgerichtes als höchster Instanz der Rechtsprechung. Gelänge Parteichef Jaroslaw Kaczynski dessen Manipulation käme Polen in die Nähe eines totalitären Staates.
Es gab bei der Parlamentssitzung gleich zwei Entwürfe. Beata Szydło verkündete in ihrer Regierungserklärung, wie sie auf den einzelnen Feldern der Politik zu ackern gedenke. Gleich nach ihr sprach Kaczynski und brachte die Sache auf den Punkt: »Wir sind berufen, Polen zu erneuern und die nationale Gemeinschaft zu konsolidieren.«
Die Freiheit gelte es zu verteidigen, doch die Gemeinschaft habe sich an Normen zu halten - betonte er. Abweichungen von diesen Normen könnten »bis zu einer Grenze« toleriert werden. Das werde eine neue Verfassung zu regeln wissen. Der Schlüssel dafür liege in der Wahrheit, sie habe für die Polen ein gemeinsames Gut zu sein.
Der Inhalt von Beata Szydlos Ausführungen bestätigt die Formel von einem national-sozialen Staat. Damit wurde bereits vor zehn Jahren die erste PiS-Regierung ermöglicht. Sie hielt nur zwei Jahre; für die Erfüllung der sozialen Versprechungen war das eine kurze Zeit. Nun aber hat sie eine sichere Mehrheit. In den ersten 100 Tagen werden für jedes zweite und weitere Kind 500 Zloty monatlich gezahlt, die Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Frauen und 65 Jahre für Männer in Angriff genommen, der Steuerfreibetrag auf 8000 Zloty erhöht. Für Rentner über 75 Jahren sollen Medikamente kostenlos sein. Der Stundenmindestlohn soll auf zwölf Zloty brutto gesetzt werden.
Dreimal betonte die Kabinettschefin das Wort »rozwoj« - Entwicklung Am Ende appellierte sie »an unsere weiß-rote Mannschaft«, mit der sie alle Polen meinte, zu den Vorhaben der Regierung zu stehen.
Zu Beginn verwies Beata Szydło auf die »außerordentliche Lage« nach den Terroranschlägen in Paris und betonte dabei als Priorität die Sicherheit »unserer Bürger«. Im abschließenden Teil kam die Politikerin auf außenpolitische Fragen zurück. Sicherheitspolitik orientierte sie auf drei Gebiete. Das erste wäre das »klassische« mit dem eingefrorenen Konflikt im Osten, Rüstungsinvestitionen und der Stärkung der NATO-Ostflanke. Als Schwerpunkte zwei und drei nannte die Premierministerin die Energie und die Diplomatie.
Garant für Polens Sicherheit blieben die USA und die EU sei sehr geschätzt. An Deutschland ging die Kritik, dass man es doch nicht als Solidarität bezeichnen könne, »Probleme zu exportieren, die von manchen Ländern, ohne Teilnahme von Staaten, die damit belastet werden sollen, geschaffen wurden«.
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