Soziale Treibsätze im Athener Parlament

Politik der griechischen Regierung bedient die Gläubiger und lässt die Mehrheit schrumpfen

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 2 Min.
Schrumpfende Mehrheit, bröckelndes Sozialsystem - Griechenlands Regierung sitzt auf politischer Konkursmasse.

Die griechische Regierungsmehrheit schrumpft. Zwar wurde am Donnerstagabend ein weiteres Maßnahmenpaket verabschiedet, das die Gläubiger Griechenlands zur Voraussetzung der Auszahlung weiterer Milliarden festgelegt hatten. Je ein Abgeordneter der Koalitionsparteien SYRIZA und ANEL tragen die Regierungspolitik jedoch nicht länger mit. Beide wurden daraufhin aus ihrer jeweiligen Fraktion ausgeschlossen, die damit nur noch über 153 der insgesamt 300 Parlamentarier verfügen. Ausschlaggebend für Stathis Panagoulis (SYRIZA) und Nikos Nikolopoulos (ANEL) war die im Paket enthaltene Regelung über die Pfändung der Immobilien säumiger Kreditnehmer bei griechischen Banken. Damit wird der bisher geltende Schutz der Erstwohnung nur noch bei extrem niedrigen Einkommensverhältnissen gelten.

Er könne den Gewissenskonflikt, die »Verringerung der nationalen Souveränität bei der Festlegung der Wirtschafts- und Sozialpolitik des Landes« mitverantworten zu müssen, nicht mehr ertragen, so Panagoulis.

Der Ministerpräsident habe noch im Wahlkampf den Schutz der Erstwohnung, Steuererleichterungen und Investitionsprogramme versprochen, aber »nichts davon eingehalten«, begründete Nikolopoulos seine Nein-Stimme.

Zuvor hatte auch der SYRIZA-Abgeordnete Gavriil Sakellaridis erklärt, die Politik seiner Partei nicht länger mittragen zu können. Im Unterschied zu den beiden Gegenstimmen gab der ehemalige Regierungssprecher und enge Vertraute von Ministerpräsident Alexis Tsipras seinen Sitz im Parlament jedoch noch vor der Abstimmung zurück. Seinen Platz nimmt Vize-Innenminister Christoforos Vernardakis ein.

Der Inhalt der Gläubigervereinbarung sei allen Kandidaten vor den Wahlen im September bekannt gewesen, hieß es aus Regierungskreisen. Der für die Verwaltungsreform zuständige Vize im Innenministerium, Giannis Balafas, erklärte dagegen, auch mit den nun verabschiedeten Regelungen werde es keine Zwangsversteigerung von Erstwohnungen geben. Wer wirklich nicht zahlen könne, werde geschützt, so Balafas am Freitagmorgen im griechischen Frühstücksfernsehen. Bereits in der Debatte hatte Finanzminister Efklidis Tsakalotos erklärt, die Regelung richte sich ausschließlich gegen all diejenigen, die trotz ausreichender Einkommen ihre Schulden nicht begleichen wollten.

Zeitgleich zur Debatte demonstrierten am Donnerstagabend Hunderte vor dem Parlament gegen die Verabschiedung der Maßnahmen. Bereits am Mittwoch waren Tausende Bauern aus dem ganzen Land in die Hauptstadt gekommen, um gegen die ebenfalls im Paket enthaltene Erhöhung ihrer Einkommensteuer von 13 auf 26 Prozent ab dem ersten Euro zu demonstrieren.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -