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Anschlag auf HDP-Chef - Demirtas unverletzt

Strafanzeige wegen Mordversuchs gestellt / Türkische Polizei glaubt nich an Attentatsversuch / Fahrzeug von der Polizei sichergestellt / Abgeordneter der HDP zu Haftstrafe verurteilt

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 17 Uhr: Demirtas stellt Strafanzeige
Nach einem versuchten Mordanschlag auf seine Person hat der Co-Chef der türkischen prokurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtas, Strafanzeige gestellt. Sie richte sich gegen unbekannt wegen versuchten Mordes, berichtete die Nachrichtenagentur DHA am Montag. Demirtas reagierte damit auf eine Erklärung des Gouverneurs von Diyarbakir, wonach es sich nicht um ein versuchtes Attentat gehandelt haben soll. Demirtas bezeichnete die Erklärung als »unseriös«. Die HDP geht von einem Anschlag aus. Die Heckscheibe des gepanzerten Fahrzeugs von Demirtas war nach HDP-Angaben am Sonntagabend in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir auf Kopfhöhe getroffen worden. Der Gouverneur erklärte, die Untersuchung habe ergeben, dass es sich nicht um ein Einschussloch, sondern um die Spuren eines »harten Objekts« handele.

Update 11.55 Uhr: LINKE gibt Erdogan Mitverantwortung an versuchtem Attentat
Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete der LINKEN, gibt dem türkischen Staatspräsidenten die Mitschuld an dem mutmaßlichen Attentat auf HDP-Chef Demirtas. »Das Attentat auf Demirtas ist eine Folge der Hetze des türkischen Staatspräsidenten Erdogan. Er und seine Regierungspartei AKP sind mit ihrer Politik der Repression gegenüber der Opposition und ganz besonders ihrer Kriminalisierung der HDP mitverantwortlich für das rassistische und mörderische Klima in der Türkei.«, erklärte Dagdelen. Die Bundesregierung müsse nun lückenlose Aufklärung fordern.

Update 10.50 Uhr: Türkische Polizei dementiert Attentatsversuch
Die türkische Polizei erklärte, an dem Auto des Vorsitzenden der linken Partei HDP, Selahattin Demirtaş, seien keine Hinweise auf einen Schuss zu finden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezugnahme auf eine öffentliche Erklärung der Polizei Diyarbakir. Der Schaden könne von einem »harten Objekt« verursacht worden sein, es habe keinen Angriff auf Demirtaş oder seinen Wagen gegeben.

Update 7.40 Uhr: Abgeordneter der HDP zu Haftstrafe verurteilt
Ein Abgeordneter der linken Partei HDP ist in der Türkei wegen Mitgliedschaft in einer »Terrororganisation« zu sechseinhalb Jahren Gefängnis veurteilt worden. Lezgin Botan und vier Mitglieder einer Lehrergewerkschaft erhielten bei der Urteilsverkündung am Freitag alle vergleichbare Freiheitsstrafen, wie die Nachrichtenagentur Dogan berichtete. Sie gehörten der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) an – diese soll Kontakte zur PKK haben, die in der Türkei verboten ist. Zwei weitere 2011 festgenommene Angeklagte wurden freigesprochen. Botan war bei den jüngsten Wahlen für die HDP ins Parlament gewählt worden.

Anschlag auf HDP-Chef - Demirtas unverletzt

Berlin. Auf den Vorsitzenden der linken Partei HDP, Selahattin Demirtaş, ist im südosttürkischen Diyarbakir ein Anschlag verübt worden - der Politiker überlebte das Attentat unverletzt. Wie die Nachrichtenagentur Fiat meldet, sei der gepanzerte Wagen des HDP-Vorsitzenden bei der Fahrt durch die Stadt von einem Projektil getroffen worden - am Fenster sei ein Einschuss in Kopfhöhe festgestellt worden. Demirtaş erklärte, das Auto sei von der Polizei sichergestellt worden. Der HDP-Politiker führte die Demokratische Partei der Völker im Juni und bei den Neuwahlen im November erfolgreich im Wahlkampf über die Zehn-Prozent-Marke. Damit gelang der Wiedereinzug ins Parlament.

In der über Tage von türkischem Miliär und Polizeieinheiten belagerten südostanatolischen Stadt Silvan war vor einigen Tagen bereits eine Delegation der linken Partei HDP mit scharfer Munition und Tränengas beschossen sowie mit Wasserwerfern attackiert worden. Dabei wurde laut Berichten von vor Ort mindestens ein Mensch schwer verletzt, auch die Co-Vorsitzende der der HDP, Figen Yuksekdag, wurde von einer Tränengasgranate getroffen. Ein im Internet verbreitetes Video zeigt, wie Menschen vor dem Polizeieinsatz Schutz suchen.

Yuksekdag erklärte über den Kurznachrichtendienst Twitter, es habe vor dem Angriff der Sicherheitskräfte weder eine Warnung noch den Versuch der Kontaktaufnahme gegeben. »Sie feuerten eine Salve auf uns. Ich spreche von echter Munition, nicht von Tränengas«, so die HDP-Politikerin. 50 Menschen seien in Gewahrsam genommen worden, auch seien Zivilisten überfallen worden, die mit der Delegation unterwegs gewesen waren.
Seit Wochen sind Einwohner in südosttürkischen Städten von der Außenwelt abgeschnitten. Das Regime in Ankara setzt damit seine Strategie der »kollektiven Bestrafung« Zehntausender in den kurdischen Gebieten des Landes fort: Begründet wird das Vorgehen von Militär und Polizei mit Einsätzen gegen die kurdische PKK.

Vier Abgeordnete der linken Oppositionspartei HDP waren am Donnerstag in den Hungerstreik getreten. Darunter ist Ali Atalan. Er fordert das sofortige Ende der Belagerung in Nusaybin, die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen der islamisch-autoritären Regierung und der PKK. Die Menschen in Nusaybin hätten keinen Zugang mehr zu Wasser und keine Elektrizität. Drei Menschen seien bereits getötet und mindestens 17 verletzt worden.

Höher liegt die Zahl der Opfer in der Stadt Silvan, über die ebenfalls ein regelrechter Belagerungszustand verhängt worden war - auch dort waren Tausende von der Versorgung abgeschnitten, Politiker der HDP wurden ebenso beschossen wie PKK-Kämpfer oder zivile Gebäude. Selbst vor Trauerzügen oder Toten machte die Gewalt des Staates nicht halt.

Die Ausgangssperre in Silvan ist inzwischen aufgehoben, doch Ankaras Politik der »kollektiven Bestrafung« geht weiter: in Cizre, in Yüksekova, in Sur. Agenturen/nd

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