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Mitfühlend und hart
Bernhardt Quandt - ein Urgestein mit Kratzern
Es war eine durchaus ungewöhnliche Buchpräsentation, die dieser Tage in der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern stattfand. Allerdings dreht sich die jüngste Biografie des Berliner Historikers Norbert Podewin auch um einen ungewöhnlichen Menschen, dessen Leben und Kämpfe vor allem mit Mecklenburg verbunden sind. Und insofern mag der Untertitel des Buches eine gewisse Berechtigung haben: »Ein Urgestein Mecklenburgs«. Allerdings war dieser Titel an jenem Abend auch nicht ganz unumstritten. Mancher wollte ihn etwas politischer.
Die Rede ist von Bernhard Quandt, dem früheren 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Schwerin sowie langjährigen Mitglied des Zentralkomitees und des DDR-Staatsrates, der 1903 geboren wurde und fast 100 Jahre alt geworden ist. Der Andrang zu der Schweriner Buchvorstellung war sehr groß, darunter wohl auch die halbe frühere SED-Bezirksleitung sowie der Noch-PDS-Arbeitsminister Helmut Holter, der 1999 die Grabrede für Quandt gehalten hatte und sich damals dafür heftigen Angriffen vor allem der CDU ausgesetzt sah. Wer allerdings erwartet hatte, dass der Verfasser aus seinem im wahrsten Sinne des Wortes in letzter Minute aus der Druckerei gekommenen Buch lesen würde, der sah sich getäuscht. Dies sollte man schon selber tun.
Stattdessen kam an dem Abend eine Reihe von Zeitzeugen zu Wort, die wesentlich an dem Entstehen der Publikation beteiligt waren. Übereinstimmend berichteten sie von der großen Menschlichkeit des aus sehr einfachen Verhältnissen stammenden Sohnes des ledigen Dienstmädchens Frieda Quandt, der seinen leiblichen Vater, einen kaiserlichen Dragoner, nie kennen gelernt hatte und dessen Lebenstraum es gewesen war, Gärtner zu werden. Stattdessen wurde er zunächst Eisendreher und Agitator, später Landrat und Minister sowie Parteifunktionär und Parteisoldat. Und gerade in letzterer »Funktion« hat Quandt in seinem langen Leben als Kommunist und Funktionär offenbar auch manches geschluckt, von dem er selbst nicht so überzeugt war. Das reichte von der Auflösung der Länder 1952 bis zu seiner durch die Parteiführung beschlossenen Ablösung als SED-Bezirkssekretär durch Nachfolger Heinz Ziegner, einen »FDJ-Kader«, am 28. Januar 1974. Immer wieder war davon die Rede, wie sehr Quandt daran interessiert war, den Menschen zu helfen und wie gern er auf die Menschen zuging und mit ihnen ins Gespräch kam. Viel lieber als das Aktenstudium, so berichtete es zum Beispiel Moritz Klemt, zwischen 1964 bis 1974 sein persönlicher Referent, waren ihm die Begegnungen mit den Menschen. Wenn bei den Fahrten aufs Land der erste Traktor oder Mähdrescher gesichtet wurde, dann wurde angehalten.
Erfreulicherweise gestaltete sich der Abend nicht zur Heldenverehrung. So wurden durchaus auch die Fehler und Irrtümer des Genossen Quandt angesprochen, der durchaus sehr hart sein konnte, wenn er den Eindruck hatte, dass die Macht bedroht sei. Erinnert sei nur an die letzte ZK-Sitzung im Dezember 1989, als er völlig die Fassung verloren und die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert hatte.
In einer durchaus bemerkenswerten Schlussrede wies Hans Wandt, ehemaliger Agitprop-Sekretär der SED-Bezirksleitung Schwerin, Mitstreiter und Freund, darauf hin, dass vor dem Hintergrund der Erfahrungen der 20er und 30er Jahre für viele der alten kommunistischen Kämpfer, die Faschismus und Krieg lebend überstanden hatten und nach 1945 an eine bessere Zukunft glaubten, der Zweck oftmals die Mittel geheiligt habe. Von diesem Prinzip habe man sich nicht rechtzeitig genug verabschiedet.
Auf ND-Nachfrage bestätigte auch Helmut Holter, der Bernhard Quant gut kannte, dass er keineswegs ein Held ohne Fehl und Tadel gewesen sei. »Er war eine historische Persönlichkeit mit vielen, vielen Widersprüchen, die er selber auch ausgelebt hat.« Er habe aber immer auch gefragt, warum bestimmte Entscheidungen so oder so gefallen sind. Immer wieder habe er junge Sozialistinnen und Sozialisten wie ihm deutlich gemacht, welche Schlussfolgerungen aus seiner dreidimensionalen Sicht auf die 20er und 30er Jahre, auf die Nachkriegszeit und auf die Gegenwart zu ziehen seien, so Holter weiter. Auf die Frage, ob Quandt heute ein guter Partner für Diskussionen über die Lage der Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern gewesen wäre, kommt ein kurzes und schnelles »Auf jeden Fall«. Aus der Geschichte der sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiterbewegung heraus hätte er jetzt viele Anregungen geben können, was geht und was nicht geht. Gerade das am Ende seines Lebens stehende Bekenntnis, dass nur der demokratische Weg der richtige sein könne, sei für den bevorstehenden Parteibildungsprozess besonders wichtig. Und nach Auffassung des Buchautors Podewin hätte Quandt nach dem aktuellen Wahlausgang wohl programmatische Forderungen verlangt und kei...
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