Mehr Pensionäre müssen Abgaben zahlen

Rentenerhöhung und steigender Steueranteil - Zehntausende Ruheständler bald in der Finanzamtskartei

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 2 Min.
2016 werden mehr Rentner als bisher eine Steuererklärung machen müssen. Grund dafür sind die diesjährigen Rentenerhöhungen - und eine langfristige Änderung des Steuersystems.

Wegen des Anstiegs der Renten in diesem Sommer müssen Zehntausende Ruheständler im kommenden Jahr wohl erstmals eine Steuererklärung abgeben. Bei rund 70 000 Rentnern zusätzlich entstehe voraussichtlich »eine positive Steuerschuld«, hieß es in einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des Linkspartei-Abgeordneten Axel Troost, die »nd« vorliegt.

Rentner müssen derzeit nur einen Teil ihrer Altersbezüge versteuern und auch nur dann, wenn dieser Teil den Grundfreibetrag von derzeit 8354 Euro im Jahr für einen alleinstehenden Rentner übersteigt. Für die erwähnten rund 70 000 Rentner ist das seit der Rentenerhöhung am 1. Juli 2015 der Fall - sie müssen ab 2016 Steuern zahlen. Die über 20 Millionen Rentner in Deutschland haben seit der diesjährigen Anpassung der Altersbezüge 2,1 Prozent (West) beziehungsweise 2,5 Prozent (Ost) mehr im Portemonnaie. Für 2016 rechnet das Bundesfinanzministerium deshalb mit steuerlichen Mehreinnahmen von rund 310 Millionen Euro. Insgesamt müssen im kommenden Jahr voraussichtlich 3,9 Millionen Rentner eine Steuererklärung abgeben, wobei zusammen veranlagte Paare als ein Steuerpflichtiger berücksichtigt sind.

Im kommenden Jahr sollen die Renten durch einen Sondereffekt sogar um vier bis fünf Prozent steigen, wie aus dem aktuellen Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung hervorgeht. Demnach werden 2017 noch mehr Ruheständler eine Steuererklärung verfassen müssen.

Seit 2005 erhebt der Staat Steuern auf Renten - derzeit noch nicht auf den vollen Betrag, aber der steuerpflichtige Anteil steigt bis 2040 auf 100 Prozent an. Wer noch im laufenden Jahr in den Ruhestand geht, zahlt etwa Abgaben auf 70 Prozent seiner Altersbezüge, wenn er damit über dem Freibetrag liegt - das ist bei etwa 1191 Euro monatlicher Rente der Fall. 2016 bleibt dieser Betrag etwa gleich, auch aufgrund der geplanten Erhöhung des Freibetrags auf 8652 Euro pro Jahr und Rentner. Wer ab 2040 in Rente geht und über dieser Summe liegt, muss seine kompletten Alterseinkünfte versteuern.

Als Ausgleich dafür mussten sie zuvor für die sogenannten Altersvorsorgeaufwendungen vor dem Renteneintritt - Sozialversicherungsbeiträge, private Altersvorsorge, Unfall-, Haftpflicht- und bestimmte Lebensversicherungen - keine Abgaben zahlen. Aufgrund der gestaffelten Erhöhung der steuerpflichtigen Anteile bis 2040 ist es nicht überraschend, dass es jedes Jahr mehr steuerpflichtige Rentner gibt.

Axel Troost sieht aber die Gefahr, dass in Zukunft immer mehr Rentner belastet werden, die bereits derzeit kaum genug Geld zum Leben haben: Er forderte die »Rückkehr zu einem Rentenniveau von 53 Prozent wie im Jahr 2000 und eine deutlich stärkere Anhebung des Grundfreibetrags«, als es die Bundesregierung derzeit plane. Mindestens 9300 Euro hält Troost für notwendig.

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