Albtraum in Chicago
Olaf Standke über rassistische Polizeigewalt in den USA
In Chicago ist man seit Dienstag besonders nervös. Über ein Jahr nach seinen Schüssen auf einen schwarzen Jugendlichen muss sich nun der Todesschütze wegen Mordes vor Gericht verantworten. Und er ist Polizist. Die Behörden der Stadt befürchten deshalb, dass im Prozess eingeführte Filmaufnahmen des Vorfalls zu Ausschreitungen führen könnten - zu gewaltsam, zu schaurig sei, wie da immer wieder auf einen längst niedergestreckten 17-Jährigen gefeuert werde, so die Staatsanwältin. 16 Kugeln steckten am Ende im Körper von Laquan McDonald. Ein verstörendes Video darüber, wie administrative Gewalt in »Gottes eigenem Land« in schlimmster Form aussieht.
Hinzu kommt: Sie ist kein Einzelfall. Polizeibrutalität hat zuletzt wiederholt Zorn und Aufruhr in der afroamerikanischen Bevölkerung verursacht. Die schweren Unruhen nach der Tötung des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson stehen dafür exemplarisch. Gelernt wurde auch daraus nicht, denn Chicago geschah einige Monate später. Zu Recht spricht der Bürgerrechtler Jesse Jackson von einer »institutionellen Krise im Strafrechtssystem«. Zugleich ist der Rassismus dieser Polizisten auch Widerspiegelung erschreckender gesamtgesellschaftlicher Zustände: Fast zeitgleich mit Prozessbeginn wurden in Minneapolis fünf Menschen verletzt, als drei Weiße auf Teilnehmer einer Demonstration für die Rechte von Afroamerikanern schossen.
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