Nur zehn Prozent von Sondervermögen abgerufen
In der Aktuellen Stunde beschäftigten sich die Abgeordneten mit Haushalt, Sondervermögen und Investitionen
Endgültig beschlossen wird der Doppelhaushalt 2016/2017 zwar erst am 10. Dezember. Da sich aber auch in diesem Jahr für das Land Berlin wie in den Vorjahren große Überschüsse abzeichnen, fordert die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus am Donnerstag, erneut einen Nachtragshaushalt aufzulegen, statt die Überschüsse nicht erneut anteilig in ein sogenanntes Sondervermögen für die Wachsende Stadt (SIWA) und die Schuldentilgung zu stecken. »Rund 500 Millionen Euro wird der Jahresüberschuss betragen«, erklärte die Haushaltsexpertin der Sozialisten, Manuela Schmidt. Dieses Geld soll sofort investiert werden, so Schmidt, und »nicht wieder bis zum Sankt Nimmerleinstag geparkt oder im Altschuldenloch versenkt werden«. Lediglich zehn Prozent der 496-Millionen-Euro-SIWA-Gelder aus dem vergangenen Jahr seien bisher abgerufen worden, kritisierte Schmidt.
Der Antrag für einen Nachtragshaushalt wurde durch die Senatskoalition im Anschluss an die Aktuelle Stunde abgelehnt. »Wir tilgen Schulden, ihre Linie führt auf 90 Milliarden Euro Schulden, unsere Linie auf unter 60 Milliarden Euro Schulden«, erklärte der Haushaltsexperte der SPD-Fraktion, Torsten Schneider. Er wies die Oppositionskritik an der Haushaltsführung der Koalition als »haltlos« zurück. Außerdem wäre es eine unseriöse »Verheißung« solche Investitionen zu verkünden, wenn das erforderliche Personal nicht zur Verfügung stünde. SPD und CDU lobten dagegen ihre eigene Haushaltsschwerpunkte Kita und Sicherheitspaket (siehe Kasten), die für den kommenden Doppelhaushalt noch einmal ordentlich aufgestockt wurden, wie die Fraktionschefs Anfang der Woche bei einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt hatten.
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) wies am Donnerstag in der Debatte auf den früheren Konsens im Abgeordnetenhaus hin, den Haushalt zu konsolidieren. Seit 2011 konnten drei Milliarden Euro Schulden abgebaut werden, bis Ende Dezember soll der Schuldenstand des Landes Berlin unter 60 Milliarden Euro liegen, so der Finanzsenator. »Wir sind zu einem linearen Abbaupfad bis 2020 wegen der Schuldenbremse verpflichtet worden«, betonte Kollatz-Ahnen. Nach Berechnungen seiner Finanzverwaltung steht Berlin inzwischen auch bei den Investitionsausgaben pro Einwohner im Vergleich der Bundesländer besser da als noch zuletzt, wo die Hauptstadt lediglich auf Platz 15 rangierte.
Wie die Linkspartei bezeichneten auch die anderen Oppositionsparteien Grüne und Piraten den Sanierungsstau in der Stadt als großes Problem. »Unterlassene Instandhaltung ist eine besonders teure Form der Verschuldung«, sagte Jochen Esser, der Sprecher der Grünen-Fraktion für Finanzen. Esser hielt SPD, CDU und Linkspartei vor, in den wechselnden Regierungskonstellationen der vergangenen 25 Jahre die finanzielle Situation Berlins um insgesamt 90 Milliarden Euro verschlechtert zu haben. Neben der Verschuldung zählten dazu, sagte Esser, auch der Ausverkauf der öffentlichen Besitztümer und des zugelassenen Sanierungsstaues dazu. Wirkliche Investitionen forderte der Grüne-Politiker unter anderem für den Ausbau des Radverkehrs und in die Energiewende, um auch den umweltpolitischen Reformstau aufzulösen.
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