Der lange Weg zur kurzen Fahrzeit

Die ICE-Strecke Erfurt-Leipzig/Halle geht in Betrieb - Fahrgastverband kritisiert Auslastung

  • Franziska Höhnl, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
In wenigen Tagen feiert die Bahn den Start der neuen ICE-Strecke Erfurt-Leipzig/Halle im regulären Betrieb. Doch im europäischen Vergleich sei noch viel zu tun, bemängelt der Fahrgastverband.

Seit Wochen laufen die letzten Probefahrten, ab 13. Dezember soll es richtig losgehen: Mit dem Fahrplanwechsel will die Deutsche Bahn ihre Schnellzüge über die neue Trasse zwischen Erfurt und Leipzig/Halle schicken. Kommenden Mittwoch soll die Inbetriebnahme der 123 Kilometer langen und 2,8 Milliarden Euro teuren Strecke mit Politprominenz in Leipzig gefeiert werden.

Damit geht ein weiteres Stück der Trasse Berlin-Nürnberg in Betrieb, endgültig fertig soll das Großbauprojekt Ende 2017 sein. Dann soll sich die Reisezeit von Berlin nach München um zwei Stunden auf nur noch knapp vier Stunden verringern. Ab Mitte Dezember verkürzt sich die Fahrzeit Erfurt-Halle um eine dreiviertel Stunde auf 35 Minuten. Nach Leipzig soll es von der Thüringer Landeshauptstadt 30 Minuten schneller gehen.

Es war ein langer Weg zur kurzen Fahrzeit. Anfang der 1990er Jahre begannen die Planungen. Streit um den Trassenverlauf, ein dreijähriger Baustopp um die Jahrtausendwende und die stockende Finanzierung verzögerten die Fertigstellung. Statt der 1996 veranschlagten zehn Milliarden D-Mark wird die Neu- und Ausbaustrecke zwischen Nürnberg und Berlin nach Angaben der Bahn am Ende zehn Milliarden Euro kosten.

Für den Fahrgastverband Pro Bahn ist die neue Strecke nicht nur ein Grund zum Feiern. »Es ist ein Geschenk und ein wichtiger Punkt für die Infrastruktur«, sagt der Vorsitzende des Landesverbands Mitteldeutschland, Carsten Schulze. »Aber es ist mit ein bis zwei Zügen pro Stunde kläglich ausgelastet für die hohen Baukosten.« Er verweist auf europäische Nachbarn wie Frankreich. Dort würden etwa zwischen Lille und Paris alle drei Minuten Züge fahren. »Das ist der Hochgeschwindigkeitsstandard in Europa, wo Deutschland hin muss.«

Das Potenzial sei groß: »Für Millionen Berliner und Münchner ist es ab 2017 ein großer Sprung.« Um die Chancen zu nutzen, müssten die Züge jedoch öfter fahren, kritisiert Schulze. Das Problem: »Es ist inzwischen mitunter billiger, die Züge stehen zu lassen, weil das Trassenentgelt mit 15 Euro pro Kilometer so hoch ist.« Um Nah-, Fern- und Güterverkehr mit der Straße konkurrenzfähig zu machen, müsste diese Gebühr weg, fordert Schulze. Die Bahn will zunächst 60 bis 70 Verbindungen am Tag über die neue Trasse schicken, wie ein Bahnsprecher sagt. Darin sind neben den Zügen von Erfurt nach Berlin auch solche von Frankfurt/Main nach Dresden eingerechnet, die künftig auch diesen Weg benutzen. Zunächst sind es ICE, die maximal 230 Stundenkilometer fahren. Später sollen neue Züge mit Spitzengeschwindigkeiten von 300 Kilometern pro Stunde über die Strecke brausen. Auch Güterverkehr soll die Trasse nutzen: Für 80 Güterzüge pro Tag und Richtung ist sie ausgelegt. Doch fahren werden bis 2017 wohl keine. Hauptgrund: Das neue europäische Zugsicherungssystem, das auf der Strecke zum Einsatz kommt. Alle Züge, die die Trasse nutzen, müssen auf das European Train Control System (ETCS) umgerüstet sein. Denn alles wird per Funk überwacht und gesteuert. Dabei kommunizierten die mit Antennen ausgerüsteten Fahrzeuge mit der Strecke, erklärt Gesamtprojektleiter Olaf Drescher. Statt Ampeln und Signalen am Gleisrand gibt es Informationen auf das Display des Lokführers.

»Der Lokführer darf noch genau das tun, was das ETCS ihm vorschreibt«, sagt Drescher. Für den Güterverkehr lohne sich die Ausstattung erst, wenn nach Ende der Bauarbeiten die komplette Strecke zwischen Berlin und München befahrbar sei. dpa/nd

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