Das Jesuskind wird blass
Förderkreis bittet um Spenden für die Restaurierung des Altars der Stadtkirche Ruhland
Das Jesuskind, Maria, die Apostel Petrus und Paulus, der heilige Sigismund und andere sind an einem mittelalterlichen Altaraufsatz zu sehen, der zur Stadtkirche Ruhland in der Niederlausitz gehört. Die geschnitzten Holzfiguren von 1510 sind schon spätestens Anfang des 20. Jahrhunderts in einem schlechten Zustand gewesen und nehmen immer mehr Schaden, wie ein Vergleich mit Kontrollen von 1992 jetzt zeigt. Der Insektenfraß ist zwar mittlerweile gestoppt, da Holzwürmer frisches Holz bevorzugen, wie Landeskonservator Thomas Drachenberg erläutert. Doch die Farben verblassen.
Eine Restaurierung ist zur Rettung des Kunstwerkes überfällig. Darum starteten das Landesamt für Denkmalpflege, die evangelische Kirche und der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg jetzt eine Spendenaktion, um wenigstens einen Teil des notwendigen Geldes aufzubringen. »Das wird mindestens 20 000 Euro kosten«, schätzt Konservator Drachenberg am Mittwoch. Im Moment erhebe eine Studentin im Rahmen ihrer Diplomarbeit die Schadenslage.
Die älteren Holzfiguren des Altars sind kurz nach 1600 neu arrangiert und ergänzt worden. Sie gelangten in die Stadtkirche von Ruhland, die 1772 nach einem Brand aufgebaut wurde - mit einer zweigeschossigen Empore. »Man hatte damals noch richtigen Bedarf, Leute unterzubringen«, schildert Drachenberg.
Heutzutage sind nicht mehr sehr viele Einwohner Brandenburgs Christen. Die evangelischen Gemeinden sind meist zu klein und zu arm, um die Sicherung alter Kirchen und Kunstschätze aus eigener Tasche bezahlen zu können. Dafür benötigen sie Fördermittel vom Staat. Allein das Land Brandenburg gibt jährlich wenigstens 1,5 Millionen Euro dafür aus. Aber selbst wenn solche Mittel in Aussicht stehen, scheitert es oft am fehlenden Eigenanteil.
Da versucht der Förderkreis Alte Kirchen zu helfen, der seit 1990 insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro organisierte. 1489 Dorfkirchen konnten vor dem Verfall gerettet werden. Geschäftsführer Bernd Janowski möchte noch keine Entwarnung geben. »Es sind noch Dächer zu reparieren und Fundamente trocken zu legen«, sagt er. Doch sei in dieser Hinsicht viel geschehen und der Förderkreis kann sich inzwischen auf die Ausstattung der Kirchen konzentrieren, weil die Außenhüllen in Ordnung sind. Bereits seit sieben Jahren wird immer im Advent um Spenden für ein bestimmtes Projekt geworden. Nach dem Aufruf im vergangenen Jahr kamen 13 500 Euro für die wertvollen Schnitzfiguren aus dem Prospekt der alten Orgel in der St. Marienkirche Bernau zusammen. Die Objekte befinden sich nun schon zum Teil in Restaurierungswerkstätten, erklärt Janowski. Jetzt geht es um den Altar in Ruhland.
»Unsere Kirchen sind sichtbare Zeichen, die erahnen lassen, dass da mehr ist zwischen Himmel und Erde, als wir mit bloßem Auge erkennen können«, glaubt Bischof Markus Dröge. Er argumentiert allerdings zugleich profan, dass die Kirchen und die in ihnen enthaltenen Kunstwerke ein unbezahlbares Gut der Gesellschaft seien, das es zu erhalten gelte. So sieht das auch Kulturministerin Sabine Kunst (SPD). Sie sagt: »Die zahlreichen Kirchen, Kapellen, Klöster und Pfarrhäuser sind Teil unserer Kulturgeschichte und stiften für viele Menschen - auch unabhängig vom eigenen konfessionellen Bekenntnis - lokale Identität.«
Konservator Drachenberg erinnert sich an die Dorfkirche in Laubst, für deren Altar ab Ende 2012 Spenden gesammelt worden sind. Mit der Kulturministerin war Drachenberg hingefahren und hatte gefürchtet, in ein leeres Haus zu kommen. Doch als sie die Tür öffneten, habe dort das gesamte Dorf versammelt gesessen, weil alle wissen wollten, was aus der Kirche wird. Auch Atheisten interessieren sich in den Städten und auf dem Land häufig für solche Fragen und engagieren sich. Das wissen der Bischof, die Ministerin und der Konservator.
Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V., Kto.: 3911390, BLZ: 520 604 10 (Evangelische Bank), IBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90, BIC: GENODEF1EK1, Stichwort: Altar Ruhland
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