EU-Bürger haben Anspruch auf Sozialhilfe
Bundessozialgericht: Existenzminimum muss nach sechsmonatigem Aufenthalt gewährt werden
Kassel. EU-Bürger dürfen von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden, haben aber bei einem längeren Aufenthalt in Deutschland Anspruch auf Sozialhilfe. Zumindest bei einem »verfestigten Aufenthalt«, also ab einem Zeitraum von sechs Monaten, können sie existenzsichernde Sozialhilfeleistungen geltend machen, wie das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag in Kassel in zwei Urteilen entschied. (AZ: B 4 AS 59/13 R und B 4 AS 44/15 R)
Geklagt hatten ein Grieche sowie eine vierköpfige Familie aus Rumänien. Diese hatten bei ihren zuständigen Jobcentern erfolglos Arbeitslosengeld II beansprucht.
Die Behörden verwiesen auf die gesetzlichen Bestimmungen. Danach sind arbeitsuchende Bürger anderer EU-Staaten grundsätzlich vom Hartz-IV-Bezug ausgeschlossen. Arbeitslosengeld II können EU-Bürger danach dauerhaft nur beanspruchen, wenn sie mindestens ein Jahr in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Bei einer kürzeren Beschäftigung wird nur sechs Monate Hartz IV bezahlt. Haben EU-Bürger noch gar nicht in Deutschland gearbeitet, erhalten sie laut Gesetz kein Arbeitslosengeld II.
Dieser gesetzliche Ausschluss ist zulässig und verstößt auch nicht gegen EU-Recht, stellte das BSG fest. Allerdings dürfen EU-Bürger, die kein Arbeitslosengeld II erhalten, vom Sozialamt die Sicherung ihres Lebensunterhalts beanspruchen. Die Behörde müsse dabei »nach Ermessen« entscheiden.
Habe sich der Aufenthalt der EU-Bürger in Deutschland »verfestigt«, betrage also mindestens sechs Monate, müsse das Sozialamt Hilfeleistungen gewähren. Diese Leistungen sind im Regelfall etwa gleich hoch wie Hartz-IV-Leistungen.
Dies sei bei der rumänischen Familie der Fall, entschieden die Kasseler Richter, so dass diese Sozialhilfe beanspruchen könne. Das Verfahren des griechischen Klägers wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen, welche noch den aufenthaltsrechtlichen Status feststellen muss. epd/nd
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