Mandalas malen im Klassenzimmer
Buddhistischer Schulunterricht: Exot mit Nachwuchsproblemen
Ziemlich unscheinbar wirkt das Klassenzimmer der Charlottenburger Schinkel-Grundschule von außen. Doch hier versammeln sich jede Woche rund 15 Schüler der Klassen 1 bis 6 zum buddhistischen Religionsunterricht - dem einzigen dieser Art in Berlin. Zu Beginn jeder Stunde trommelt die Lehrerin Renate Noack die Kinder zur Meditation zusammen. Vertrauen und Ruhe sollen sie auf diese Weise finden, aber so manchem gelingt das nicht immer. »Wie viel Kino die Kinder im Kopf haben, glaubt man gar nicht«, sagt Noack.
Im Unterricht lernen die Grundschulkinder die wichtigsten religiösen Lehraussagen und erfahren mehr über die Schlüsselfiguren des Buddhismus. »Mir macht es Spaß hier«, meint die neunjährige Siri, die schon seit drei Jahren den Unterricht besucht. Mandalas male sie ganz besonders gerne.
Woher kommt das Interesse für den Unterricht? »Meine Tochter Lena ist damit auf mich zugekommen«, sagt Mutter Janina Cardenas Pauli. Ihr Mann, praktizierender Buddhist, rede mit der Viertklässlerin auch viel darüber. Sogar einen kleinen Altar haben sie bei sich zu Hause stehen. Noack bestätigt, dass häufig mindestens ein Elternteil Buddhist sei, andere Kinder kämen aus eigenem Interesse.
Von den Klassen an verschiedenen Schulen ist nur noch der jahrgangsübergreifende Kurs an der Schinkel-Grundschule geblieben. Die 66-jährige pensionierte Gymnasiallehrerin wollte selbst kürzer treten. »Manchmal fühle ich mich allein gelassen«, sagt Noack. Sie wünsche sich mehr Unterstützung von anderen Buddhisten und vor allem Nachfolger. Denn ewig werde sie nicht mehr weitermachen können.
Auch der Dachverband, die Deutsche Buddhistische Union (DBU), vermeldet Nachwuchsprobleme. Seit 2004 bietet die DBU einen Ergänzungsstudiengang für ausgebildete Lehrer an - bei sehr verhaltener Resonanz. Bildungspolitisch bestehe nicht so viel Druck wie bei anderen Glaubensgemeinschaften, vermutet DBU-Ratsmitglied Michael Gerhard. Viele Lehrer koste die Fortbildung offenbar auch zu viel Zeit.
In Berlin bietet die Buddhistische Gesellschaft als Verein und Träger seit zwölf Jahren den Religionsunterricht an. Hier gilt eine Sonderregelung, die sogenannte Bremer Klausel des Grundgesetzes: Nach der Genehmigung eines Rahmenlehrplans dürfen Glaubensgemeinschaften eigenständig freiwilligen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen anbieten. Verpflichtend hingegen ist für Schüler der Klassen 7 bis 10 das bekenntnislose Fach Ethik. »Nach der Einführung im Schuljahr 2006/07 brachen bei mir die Schülerzahlen ein«, erklärt Noack.
Kopfzerbrechen bereitet auch der Mangel an geeigneten deutschsprachigen Lehrwerken. Die Buddhistische Union bereite Unterrichtsmaterial für verschiedene Jahrgangsstufen auf. »Das dauert aber extrem lange, weil das meist auf ehrenamtlicher Basis geschieht«, so Gerhard, der auch die DBU-Arbeitsgemeinschaft Unterrichtsmaterialien mitleitet. So stellt sich auch Renate Noack ihre Materialien selbst zusammen, zum Teil auch aus englischsprachigen Quellen im Internet.
Von den Sorgen der Erwachsenen ahnen die jungen Schüler aber nichts. »Ich finde es hier sehr entspannend«, meint die neunjährige Siri und malt weiter Illustrationen von buddhistischen Figuren aus. dpa
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