... nichts als die Wahrheit?
NSU-Frau Zschäpe lässt aussagen
248 Verhandlungstage hat Beate Zschäpe geschwiegen. Sie kaute Bonbons, las im Laptop, trank Saft, ordnete ihre Haare - und vermied es grundsätzlich, irgendeine emotionale Regung zu zeigen.
Dabei wirft ihr der Generalbundesanwalt vor, in 27 rechtlich selbstständig zu wertenden Handlungen gemeinsam mit ihren Jenaer Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt »gemeingefährliche« Straftaten begangen zu haben. Aus - wie es im Strafgesetzbuch noch immer heißt - »niedrigen Beweggründen« soll das Trio zehn Menschen ermordet haben. Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) habe zudem bei Bombenanschlägen zahlreiche Menschen verletzt und mehrere Banken überfallen.
Nach dem Auffliegen des NSU am 4. November 2011, bei dem Mundlos und Böhnhardt zu Tode kamen, hat Zschäpe laut Anklage das Zwickauer Quartier der rechtsextremen Terroristen in Brand gesetzt und dabei das Leben von Nachbarn gefährdet.
Noch immer sind zahlreiche Details und Motive der Taten unklar. Kann Zschäpe offene Fragen beantworten? Will sie es? Und wie weit reicht ihre Wahrheit? Wissen wir beispielsweise nach der Verlesung ihrer Aussage, wie groß das NSU-Netzwerk wirklich war? Sagt sie, wer eingeweiht war in den politischen Amoklauf wider ausländische Mitbürger und Polizisten? Wer schoss? Wer wählte nach welchen Gesichtspunkten Opfer aus? Wer leistete logistische Hilfe? Wer baute die Bomben? Wer berichtete Zschäpe vom Tod ihrer Kumpane, riet zu Flucht und warum stellte sie sich? Boten staatliche Stellen den rechtsextremen Rassisten Deckung oder gar Unterstützung? Wird Zschäpe Mitangeklagte belasten?
Die schon mehrfach mit Spannung erwartete Aussage wird Fragen aufwerfen. Die soll der Senat schriftlich formulieren, verlangt Verteidiger Mathias Grasel. Das ist ungewöhnlich, aber denkbar. Das alles ersetzt nicht die Notwendigkeit, dass sich die Gesellschaft als Ganzes endlich intensiv und glaubwürdig mit den Wurzeln des NSU und nachgeborenem Rechtsextremismus auseinandersetzt.
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