SPD-Führung provoziert Streit um Freihandel

Beim Bundesparteitag der Sozialdemokraten werden heftige Debatten über TTIP und CETA erwartet

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Freihandelsabkommen TTIP und CETA werden von vielen Sozialdemokraten als eine Gefahr für die Demokratie bewertet. Die SPD-Führung will sich nun über diese Bedenken hinwegsetzen.

Kurz vor dem Beginn des SPD-Bundesparteitags am Donnerstag in Berlin hat der Vorstand einen Initiativantrag vorgelegt, mit dem die bisherigen Forderungen der Partei an die Freihandelsabkommen der EU mit den USA und Kanada, TTIP und CETA, abgeschwächt werden sollen. In dem Text wird etwa TTIP gelobt, weil es Möglichkeiten eröffne, »globale Standards für nachhaltiges Wirtschaften zu setzen«.

Im September 2014 hatte die SPD-Führung wegen des Drucks der zahlreichen Kritiker in den eigenen Reihen bei einem Parteikonvent beschlossen, dass es nicht zu einem Abbau von wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Standards durch die Abkommen kommen dürfe. Zwar werden einige der bisherigen Forderungen in dem Vorstandsantrag nun erneut erwähnt, aber es ist nur noch von »klaren Erwartungen« an die Freihandelsabkommen die Rede. Außerdem werden die Verhandlungen des Bundeswirtschaftsministers und SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ausdrücklich gelobt. Er hatte sich etwa bei Streitigkeiten zwischen Staaten und Investoren für einen internationalen Handelsgerichtshof mit von öffentlichen Instanzen berufenen Richtern anstelle der geplanten privaten Schiedsgerichte eingesetzt. Die Sonderklagerechte der Konzerne und der Investitionsschutz würden dann allerdings grundsätzlich bestehen bleiben.

In Teilen der SPD werden die Freihandelsabkommen kritischer bewertet als von ihrer Führung. »Der Vorstand formuliert keine roten Linien, sondern fromme Wünsche. Das reicht nicht«, sagte der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel der »taz«. Es liegen 67 Anträge von Parteigliederungen zu dem Thema vor. Einige Unterbezirke wollen TTIP und CETA stoppen, andere lehnen Investitionsschutzklauseln in den Entwürfen grundsätzlich ab. Kritisch zum Investitionsschutz äußern sich etwa die Landesverbände Berlin und Bayern, die Jusos und die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. Denn Konzerne sollen nach den Abkommen das Recht erhalten, Staaten zu verklagen, wenn sie durch staatliche Eingriffe ihre Gewinnerwartungen geschmälert sehen. Dadurch können Arbeitnehmerrechte und Umweltauflagen ausgehebelt werden.

Am Samstag, wenn die Freihandelsabkommen auf der Tagesordnung des Bundesparteitags stehen, sind also heftige Debatten zu erwarten. Um die Situation zu entschärfen, soll noch eine Kompromissformulierung gefunden werden. Aber selbst wenn der Parteitag einige Forderungen beschließen sollte, ist es unwahrscheinlich, dass Gabriel diese umfassend umsetzen wird. CETA, das als Blaupause für TTIP gilt, ist nämlich bereits fertig verhandelt. Dieses Abkommen enthält von den Sozialdemokraten abgelehnte Punkte zum Investitionsschutz und zum Investor-Staat-Schiedsverfahren.

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