SPD rümpft die Nase über »flegelhafte« CSU
Parteivize Stegner sieht Gabriel unangefochten / Fraueninitiative für Doppelspitzen stößt auf Skepsis
Rund 600 Delegierte sitzen seit Donnerstag im City Cube, einer Multimedia-Messehalle in Berlin, um auf einem Bundesparteitag über die neue Führung der SPD, außenpolitische Grundsätze, Flüchtlingspolitik und die Haltung der Partei zum Freihandelsabkommen TTIP zu diskutieren. Dabei geht es im Hintergrund erneut um die Frage, wie die SPD als Regierungspartei in einer Großen Koalition erfolgreich und als Konkurrenz zur Union erkennbar zu präsentieren sei. Doch auch die guten alten Fragen sozialdemokratischer Selbstbesinnung drängen nach vorn und finden sich etwa in einem Antrag der AG Sozialdemokratische Frauen, der die generelle Einführung von Doppelspitzen fordert - also ein Beitrag zur definitiven Beteiligung von Frauen in den Spitzenämtern der Partei sein will.
Am ersten Tag wandte man sich zunächst den drängenden Themen dieser Tage zu. Der Umgang mit dem internationalen Terrorismus stand auf der Tagesordnung, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warb für den Einsatz deutscher Soldaten zur Bekämpfung des Islamischen Staates in Syrien. Deutschland sei »außenpolitisch erwachsen geworden«, begründete er die Haltung der Parteiführung, deren Leitantrag der Parteitag dann auch beschloss. Am Nachmittag folgte dann eine Debatte über die Folgen solcher Politik - der Umgang mit den aus Kriegsgebieten fliehenden Menschen.
Steinmeier läuft dem am Freitag seiner Wiederwahl entgegensehenden Parteichef Sigmar Gabriel, in Beliebtheitswerten gerechnet, regelmäßig den Rang ab. Dessen Anspruch auf die Führung der Partei auch zur nächsten Bundestagswahl aber stellt in der SPD-Führung niemand in Frage. Parteivize Ralf Stegner sagte Gabriel für seine Wiederwahl deshalb ein starkes Ergebnis voraus. »Er führt die Partei gut in einer Zeit, wo die CSU ihre eigene Kanzlerin demontiert und sich flegelhaft benimmt«, sagte Stegner der dpa.
An Unbotmäßigkeit grenzen könnte ein Antrag, den die sozialdemokratischen Frauen in der SPD stellen wollen: die Einführung der Doppelspitze bis in die höchsten Ämter hinauf. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig, die auch Parteivize ist, begrüßte das Vorhaben unter Hinweis auf Arbeitserleichterungen und gegenseitige Entlastung der Beteiligten. Vor dem Parteitag zeigt Sigmar Gabriel Größe. Der bisher alleinige Vorsitzende, dem eine gewisse Divenhaftigkeit im parteiinternen Konkurrenzgebaren nachgesagt wird, kündigte an, für diesen Antrag zu stimmen. Doch genug Spitzenfunktionäre fanden sich, die an seiner Statt Zweifel anmeldeten. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft warnte vor der »Gefahr eines schleichenden Automatismus hin zu Doppelspitzen in allen Gremien«. Das werde die Parteiarbeit eher erschweren als beleben, verkündete sie besorgt. Seiten 2 und 4
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.