Flughafengegnern droht eine Bruchlandung
Bislang offenbar nur wenige Unterschriften für das Volksbegehren gegen eine dritte Startbahn in Schönefeld
Der Koalitionsvertrag von SPD und LINKE schließt den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Großflughafen BER in Schönefeld ausdrücklich aus. Einige Anwohner sind jedoch misstrauisch - und sie möchten ausschließen, dass die Vereinbarung dereinst bei einer anderen Regierungskoalition nichts mehr gilt. Deshalb gibt es ein Volksbegehren. Die Forderungen lauten: Erstens darf der Flughafen nicht mehr als zwei Start- und Landebahnen haben. Zweitens darf die Kapazität des Airports nicht so ausgebaut werden, dass mehr als 360 000 Starts und Landungen im Jahr abgewickelt werden können.
»Lassen Sie sich nicht von den Dementis der Flughafengesellschaft und unserer Landesregierung Sand in die Augen streuen«, warnt der Landtagsabgeordnete Christoph Schulze (Freie Wähler) die Menschen. »Jeder, der rechnen kann, wird feststellen, dass bei dem starken Wachstum des Flugverkehrs in Berlin und Brandenburg sich dieser in den nächsten zehn Jahren verdoppeln wird. Damit kommt die dritte Startbahn am BER, und die Lärm- und Schadstoffbelastung rund um den Flughafen Schönefeld wird enorm zunehmen.«
Das Volksbegehren läuft noch bis zum 18. Februar, aber es läuft nicht gut. Mindestens 80 000 Brandenburger müssen innerhalb von sechs Monaten unterschrieben haben, damit der Landtag gezwungen ist, sich wieder mit dem Anliegen zu befassen. Wenn es weniger als 80 000 werden, dann kann auch kein Volksentscheid über eine dritte Startbahn zustande kommen.
»Die Resonanz in der Bevölkerung ist noch mäßig«, muss Schulze feststellen. Vor drei Jahren, bei dem Volksbegehren für ein konsequentes Nachtflugverbot in der Zeit von 22 bis 6 Uhr, hatte es ganz anders ausgesehen. Da hatten am Ende rund 106 000 Brandenburger unterschrieben.
Einen neuen Zwischenstand für das aktuelle Volksbegehren gegen eine dritte Startbahn wird es bis zum 18. Februar nicht mehr geben. Der Aufwand, noch einmal eine Zahl zu ermitteln, wäre zu hoch, rechtfertigt Bettina Cain das Vorgehen. Cain ist Sprecherin von Landeswahlleiter Bruno Küpper.
Nur einmal, am 16. Oktober, hatte die stellvertretende Landeswahlleiterin Iris Lübke eine Zwischenbilanz gezogen. Demnach hatten sich innerhalb der ersten zwei Monate 7623 Brandenburger in eine Amtsstube begeben und sich in eine der Listen des Volksbegehrens eingetragen, weitere 2094 hatten per Briefabstimmung das Anliegen des Volksbegehrens unterstützt - zusammen also 9717 Menschen. Das waren lediglich 0,46 Prozent der Wahlberechtigten.
Der Abgeordnete Schulze kalkuliert, dass mittlerweile 10 000 bis 15 000 Eintragungen beisammen sind. Nach Einschätzung von Bettina Cain dürfte diese Zahl vermutlich zu tief gegriffen sein. »Jetzt müssten es mehr sein als 15 000«, glaubt sie. Denn nach den ersten zwei Monaten hatten zum Beispiel insgesamt schon 4318 Bürger die Unterlagen für eine Abstimmung per Brief angefordert. Allein hier schlummerte also damals bereits ein Potenzial von weiteren 2224 Unterschriften. Ihre Anhänger zu mobilisieren, sei jedoch Sache derjenigen, die für das Volksbegehren eintreten, sagt Bettina Cain. Die verstärken nun auch tatsächlich ihre Anstrengungen. Es müsse eine Schippe zugelegt werden, räumt Schulze ein. Angesichts dessen starten die Freien Wähler eine Sonderaktion, für die sie 10 000 Euro ausgeben. Sie haben zunächst 30 Großwerbeflächen gebucht, um mit jeweils zwei mal 2,50 Meter großen Plakatmotiven zur Beteiligung am Volksbegehren aufzurufen. Es sollen schrittweise weitere Großflächen angemietet werden, so dass es Mitte Januar insgesamt 50 sein werden.
Zu sehen ist auf den Plakaten beispielsweise ein kleines Mädchen, das sich die Ohren zuhält. Darunter steht geschrieben: »Wenn zwei dich nicht krank machen, die dritte Startbahn schafft es bestimmt!« Ein anderes Plakat sagt: »Du bist das Volk! Du hast die Macht. Deine Stimme zählt.«
Am Montagnachmittag enthüllte Christoph Schulze eine der Flächen am Glasower Damm in Blankenfelde-Mahlow. Weitere Standorte für die Motive gibt es in diversen weiteren Städten und Gemeinden wie Wildau, Eichwalde, Schulzendorf, Zeuthen, Rangsdorf, Zossen und Ludwigsfelde, die meisten aber in Blankenfelde-Mahlow, dem Ort, der am schlimmsten vom Fluglärm betroffen ist.
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