Sozialhilfe für EU-Bürger umstritten
Arbeitsuchende EU-Bürger können nach Auffassung des Sozialgerichts Berlin keine Sozialhilfe beziehen. Sie haben allenfalls Anspruch auf Überbrückungsleistungen, um im Falle ihrer Hilfebedürftigkeit in ihr Heimatland zurückkehren zu können, entschied das Sozialgericht in einem am Mittwoch bekanntgegebenen Urteil vom 11. Dezember 2015. (AZ: S 149 AS 7191/13) Die Berliner Richter widersprachen damit dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel, welches erst Anfang Dezember bei einem »verfestigten Aufenthalt« einen Sozialhilfeanspruch bestätigt hatte.
Nach deutschem Recht sind arbeitsuchende EU-Bürger von Hartz-IV-Leistungen grundsätzlich ausgeschlossen. Waren sie in Deutschland weniger als ein Jahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt, können sie für sechs Monate Hartz IV erhalten, danach aber nicht mehr. Diese Vorschriften hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Entscheidung vom September dieses Jahres mit EU-Recht im Einklang gesehen.
Das BSG hatte am 3. Dezember entschieden, dass arbeitssuchende EU-Bürger statt Hartz IV aber Sozialhilfe beanspruchen können. (AZ: B 4 AS 44/15 R, B 4 AS 59/13 R und B 4 AS 43/15 R). Voraussetzung sei ein »verfestigter Aufenthalt« von in der Regel mehr als sechs Monaten in Deutschland. Der Sozialhilfeanspruch leite sich unmittelbar aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und dem Europäischen Fürsorgeabkommen ab. Danach müsse der Staat ein menschenwürdiges Existenzminimum sichern.
Dem Anspruch auf Sozialhilfe widersprach das Sozialgericht Berlin. Der Kläger, ein seit 2010 in Deutschland lebender Bulgare, habe sich nur zur Arbeitssuche im Land aufgehalten. epd
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