Werbung

Polen: Zehntausende verteidigen Demokratie

Proteste gegen Rechtsregierung in Dutzenden Städten / Menschen folgen Aufruf von Komitee KOD / Bombendrohung in Warschau

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Tausende Menschen sind in mehr als 20 polnischen Städten am Samstag erneut auf die Straße gegangen, um gegen die rechtskonservative neue Regierung zu protestieren. »Wir werden die Demokratie verteidigen«, »Wir werden die Verfassung verteidigen«, »Wir werden das Verfassungsgericht verteidigen«, riefen die Demonstranten, die sich vor dem Parlament in Warschau versammelt hatten. Auch in den Städten Lublin im Osten, Danzig im Norden und Posen im Westen gab es Kundgebungen. Im Internet verbreiteten sich von den Demos aus zahllose Selbstporträts mit dem Mobiltelefon, so genannte Selfies.

Zu den Protesten gegen die Regierung der Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte das Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD) aufgerufen. »Wir haben unsere Freiheiten und wir werden kämpfen, um sie zu verteidigen«, sagte Komitee-Gründer Mateusz Kijowski. Die spontan gegründete zivilgesellschaftliche Gruppe wird von den meisten Oppositionsparteien unterstützt.

Das KOD rief zum Widerstand gegen ein »rechtloses Polen« auf, das eine Partei sich zu ihrem Besitz mache. Die bekannte Hollywood-Regisseurin Agnieszka Holland unterstützte die Aktivisten und sagte: »Demokratie ist wie frische Luft, ohne die man nach kurzer Zeit im Smog erstickt.« Auch in Berlin, London und Brüssel fanden kleinere Kundgebungen stattfinden.

Die Kritiker werfen der Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit von Ministerpräsidentin Beata Szydlo vor, Justiz und Verwaltung unter ihre Kontrolle bringen zu wollen. Die Nationalkonservativen haben im Parlament Gesetze eingebracht, die das Verfassungsgericht und das Dienstrecht der Staatsbediensteten neu ordnen würden. Sie verfügen seit den Wahlen im Oktober über die absolute Mehrheit in beiden Kammern. Der frühere Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa hatte jüngst angesichts der Spaltung des Landes vor einem »Bürgerkrieg« gewarnt.

Die Opposition wirft der PiS von Ex-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski generell vor, die Schaltstellen der Macht in Polen mit ihr genehmen Vertretern zu besetzen, um ungestört ihre Regierungsvorhaben durchsetzen zu können. Bereits am vergangenen Wochenende hatten zehntausende Polen in Warschau gegen eine »Schleifung der Demokratie« durch die rechtskonservative Regierung demonstriert.

Wegen einer Bombendrohung musste die zentrale Kundgebung in Warschau nach zwei Stunden vorzeitig abgebrochen werden. Es habe einen anonymen Anruf gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Samstag der Agentur PAP. Die Entscheidung habe bei den Veranstaltern gelegen. Zuvor hatten die Teilnehmer vor dem Parlament friedlich Spruchbänder wie »Nein zur Diktatur« und »Hände weg vom Verfassungsgericht« hochgehalten. Agenturen/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.