Ein Hauch von Vineta in Bayern

Weil der Sylvensteinspeicher renoviert wird, ist ein Dorf aus den Fluten aufgetaucht

  • Lesedauer: 2 Min.
Den Kirchturm sucht man vergeblich - er existiert schon lange nicht mehr. Doch wer derzeit an den Sylvensteinspeicher in Oberbayern kommt, kann Reste des vor 60 Jahren gefluteten Dorfes Fall sehen.

Lenggries. Ebbe im Sylvensteinspeicher: Ein seltenes Naturschauspiel lockt derzeit Besucher in Scharen an den Stausee im Süden der oberbayerischen Gemeinde Lenggries (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen). Wegen Renovierungsarbeiten am Ablass des Speichersees musste der Wasserspiegel kontrolliert abgesenkt werden, erklärte Tobias Lang vom Wasserwirtschaftsamt in Weilheim. Der Pegel beträgt momentan 15 Meter weniger als zu dieser Jahreszeit üblich und liegt bei 737 Metern über dem Meeresspiegel. Die Folge: Der Sylvensteinspeicher ähnelt derzeit dem Wattenmeer bei Ebbe. Im Süden des Sees wurden Gebäudereste des alten Dorfes Fall freigelegt. Zu sehen sind verwitterte Tennenauffahrten und Grundmauern von Gehöften.

Auch Baumstümpfe ragen aus dem Wasser. Der Ort wurde für den Bau des Stausees abgesiedelt, die Bewohner erhielten im neuen Dorf Fall eine Bleibe. Täglich kommen Hunderte von Menschen zum Speichersee, um sich das Spektakel anzuschauen - so umfangreich wie jetzt war der Wasserspiegel das letzte Mal im Jahr 1999 abgesenkt worden. Nach dem Kirchturm werden die Zaungäste indessen vergeblich suchen: Schon lange hält sich zwar der Mythos, dass bei Niedrigwasser die Spitze aus dem Wasser ragt. Das Gotteshaus wurde jedoch vor dem Fluten des Tales abgerissen.

Ähnlich einer Badewanne verfügt der Sylvensteinspeicher über zwei Abflüsse: den Triebwasserstollen und den Grundablass. Durch diese beiden Auslässe wird die Abflussmenge aus dem Stausee kontrolliert gesteuert. Nur so kann im Hochwasserfall die Sicherheit der Menschen entlang der Isar bis über München hinaus gewährleistet werden.

Die Stollen werden regelmäßig inspiziert oder saniert. Dazu müssen sie aber trocken und begehbar sein. Dies wird durch das Schließen sogenannter Revisionsverschlüsse - schwerer Stahltore im Einlaufbereich der Stollen - erreicht.

Bei der Absenkung des Sylvensteinspeichers wurde auch an die Fische gedacht. Nach Abschluss der Bauarbeiten soll es einen Neubesatz mit Seeforelle, Sandfelchen, Bachforelle und Seesaibling geben, teilte die Behörde mit. Wenn im kommenden Frühjahr die Schneeschmelze einsetzt, wird der Stausee wieder auf seine übliche Höhe aufgefüllt. Er wurde in den 1950er Jahren zum Hochwasserschutz im Isartal gebaut. dpa/nd

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