Camerons Weihnachten war schon im Mai

Britische Spitzenpolitiker präsentieren ihre Wunschzettel zum Fest

  • Ian King, London
  • Lesedauer: 2 Min.
Dem einen ist das schönste Geschenk schon zuteil geworden, das der anderen schon verspielt - Weihnachten ist nicht nur kontinental.

Premier David Cameron: Mit dem in der Höhe unerwarteten Wahlsieg des Frühjahrs ist für den Zögling der Eliteschule Eton und des Oxforder Rüpelvereins Bullingdon Club Weihnachten schon im Mai gekommen. Aber Konservative glauben an ein gottgegebenes Recht auf Privilegien. So verlangt er von der lieben Angela und ihren mitteleuropäischen Amtskollegen Entgegenkommen in der Migrationsfrage, das er den Wählern bei der Volksabstimmung über einen EU-Austritt verkaufen kann. Für innerparteiliche EU-Gegner wie den ehemaligen Vereidigungsminister Dr. Liam Fox oder Ex-Umweltminister Owen Paterson soll der Weihnachtsmann einen Maulkorb bringen. Letzteren bekommt Cameron nicht.

George Osborne: Das Sonntagskind im Finanzministerium will weiterhin niedrige Zinsen und Inflationsraten sowie geschönte Arbeitslosenzahlen. Anschließend schickt er sich an, auch das schlechte Wetter abzuschaffen. Aber nach dem Streichen der Subventionen für grüne Energiequellen zugunsten chinesischer Atomkraftwerke dürfte Osbornes Glückssträhne zu Ende gehen.

Jeremy Corbyn: Der linke Labourchef hofft, dass seine allzu mittige Fraktion ihm in der Wirtschafts- und Verteidigungspolitik folgen wird. Schließlich haben ihn knapp 60 Prozent der Parteimitglieder und -anhänger auf den Schild gehoben, von einem solchen Triumph konnte sein Vorgänger Ed Miliband nur träumen. Der klare Sieg des Labour-Kandidaten bei der Nachwahl in Oldham bei Manchester, die Unterstützung seines klaren »Nein« zur Bombenkampagne in Syrien durch zwei Drittel der Fraktion und des Schattenkabinetts stärkt »Jezza« . Jetzt will er, dass die Partei aufhört, sich zu zerfleischen und eine tüchtige Opposition gegen die Tories macht. Die Parteirechten dürften ihm trotz anstehender Wahlen in Schottland und London den Gefallen nicht tun. Sie wollen ihn stürzen, wissen nur nicht wie.

Nigel Farage: Der Chef der rechten United Kingdom Independence Party will, dass sein Land sich von Europa löst und irgendwo mitten im Atlantik ansiedelt. Sonst möchte der joviale Grobian viel warmes britisches Bier und das andauernde Schweigen seiner Unterhaus-Fraktion. Die besteht trotz vier Millionen Wählerstimmen wegen des britischen Mehrheitswahlrechts aus dem einzigen Ex-Konservativen und Berufsquerulanten Douglas Carswell. Natürlich wünscht er vom Weihnachtsmann ein Nein bei der Volksabstimmung, die im Sommer oder Herbst 2016 kommen soll.

Nicola Sturgeon: Die schottische Ministerpräsidentin und Nationalistenführerin stellt schon 56 der 59 Westminster-Abgeordneten und will einen ähnlichen Durchmarsch bei der Mai-Wahl zum Edinburgher Regionalparlament. Die sonstige Mehrheitspartei Labour mit der neuen Chefin Kezia Dugdale sowie die Tories unter Ruth Davidson scheinen der Teflon-Kandidatin Sturgeon trotz Abgeordneten-Skandalen und wenig erfolgreicher Regierungspolitik nichts anzuhaben. Nur eines fehlt zu Sturgeons Glück: bei der Fußball-EM ist trotz aller Phrasen der Nationalisten das schottische Team nicht dabei.

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