Briten vor einem Jahr der Zerreißproben

Regionalwahlen im Mai und vielleicht auch schon die Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft auf dem Programm

  • Meike Stolp, London
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Briten stehen 2016 gleich vor mehreren Entscheidungen. Im Mai gibt es in Schottland die Regionalwahlen, bei denen auch die Unabhängigkeitsbestrebungen wieder eine Rolle spielen - Zerreißproben.

Für Theaterliebhaber stellt sich in Großbritannien 2016 nur eine Frage: Harry oder William? Denn zum einen wird eine Theaterproduktion über die Abenteuer des Zauberers Harry Potter auf die Londoner Bühnen kommen. Zum anderen jährt sich zum 400. Mal der Tod von William Shakespeare. Doch das sind nicht die einzigen Entscheidungen auf der Insel im Jahr 2016.

Noch ist nicht klar, wann das Referendum über die Mitgliedschaft in der EU stattfinden wird. Bis Ende 2017, das ist klar, doch das könnte auch 2016 bedeuten. Mai und September sind traditionell die Monate, in denen Referenden gerne abgehalten werden. Spekulationen, dass die Entscheidung über die EU-Mitgliedschaft im Mai 2016 getroffen werden könnte, wurden bislang nicht bestätigt. Premierminister David Cameron hatte allerdings noch vor der Weihnachtspause durchblicken lassen, dass er die Abstimmung gerne im kommenden Jahr abhalten möchte.

Ebenso unklar ist der Ausgang. Die letzten Umfragen sahen Gegner und Befürworter gleichauf. Cameron wird nachgesagt, dass er sein Land gerne weiter als Teil des Staatenverbundes sehen würde. Viele seiner Parteikollegen sehen das anders. Die Aufgabe des konservativen Premiers wird es im kommenden Jahr sein, seine Reformwünsche an die EU durchzusetzen.

Das Problem ist, dass viele Forderungen der britischen Regierung wohl nicht ohne Änderungen der EU-Verträge erfüllbar sein werden. Solchen Änderungen müssten alle 28 EU-Mitgliedsstaaten zustimmen, einige in Referenden. Das wäre vor Ende 2017 kaum zu schaffen. Weshalb Cameron bereits vor den Verhandlungen in Brüssel im Dezember von einigen Forderungen - wie die nach der Bewilligung der Sozialhilfe für EU-Bürger erst nach vier Jahren - Abstand nehmen musste. Das kostete Sympathien und Glaubwürdigkeit.

Die braucht der Premier auch an anderer Stelle. Im kommenden Jahr werden unter anderem in Schottland, Großbritanniens nördlichster Region, die Regionalwahlen stattfinden. Experten gehen hier von einem klaren Votum aus: für die Nationalpartei SNP (Scottish National Party). Die Schotten hatten sich im September 2014 zwar im Referendum gegen die Unabhängigkeit vom Mutterland entschieden, aber bei den Parlamentswahlen im Mai 2015 der Nationalpartei den Großteil der Stimmen geschenkt.

Auf dem Tisch wird vor der Wahl auch wieder das Thema Unabhängigkeit liegen. Denn die SNP will wieder ein Referendum anstrengen. Das haben ihre Vertreter bereits deutlich gemacht. London hingegen möchte dies nicht - darf allerdings auch nicht den Fehler begehen, wie vor dem Referendum 2014 die Gefahr eines Ausstiegs zu lange zu ignorieren.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.