Es geht um »eine gewisse Symbolik«

Debatte über Integrationspflicht für Flüchtlinge / Bundesländer planen 17 Milliarden Euro für 2016 ein

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Während EU-Kommissar Günther Oettinger Deutschlands Asylstandards senken will, geht die Debatte über höhere Integrationsanforderungen für Flüchtlinge weiter.

Berlin. Die Länder haben in ihren Haushalten für 2016 nach einem Zeitungsbericht Ausgaben von insgesamt rund 17 Milliarden Euro für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen eingeplant. Die tatsächlichen Ausgaben dürften aber noch höher ausfallen, schreibt die »Welt«. Denn die Länder hätten ihre Haushalte auf Basis der letzten Prognose des Bundes aufgestellt, nach der in diesem Jahr 800 000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Schon jetzt liegt die Zahl jedoch höher.

Vielen Politikern gilt die Aufnahme von Flüchtlingen als eine Leistung, die eine Gegenleistung erfordert - die Leistung der Integration. Diese ist solchem Herangehen zufolge eine Bekundung des guten Willens von Seiten der Flüchtlinge. Solcher Erwartung folgen auch die Überlegungen in den Unionsparteien, Flüchtlingen einen Integrationsvertrag vorzulegen und entsprechende Leistungen abzuverlangen. So verlangt auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) von Flüchtlingen ein »klares Bekenntnis« zur Integration. Bei der Integration müssten klare Forderungen an die Migranten gestellt und der deutschen Bevölkerung signalisiert werden, »dass wir es ernst meinen«, sagte er der »Mitteldeutschen Zeitung«. Ansonsten würde die eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt und Parallelgesellschaften wie etwa in Frankreich würden geschaffen.

Vor einer Islamisierung müsse sich hingegen niemand fürchten. In Deutschland gelte nicht die Scharia, sondern das Grundgesetz und das deutsche Recht, beruhigte Haseloff. Das heiße auch, dass es keine falschen kulturellen Kompromisse geben dürfe, »die unserem Rechts- und Wertverständnis widersprechen«. Sachsen-Anhalt seinerseits werde sich künftig stärker mit verschiedenen Religionen auseinandersetzen müssen. Zwischen dem Christentum und dem Islam gebe es Schnittmengen. Schon im Religionsunterricht werde deutlich, dass die historischen Wurzeln eng beieinander lägen.

Auch der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) begrüßte die CSU-Forderung nach einer Integrationspflicht für Flüchtlinge einschließlich obligatorischer Deutschkurse. »Ich stehe voll hinter dieser Forderung«, sagte er am Dienstag im ARD-»Morgenmagazin«. »Integration kann nur dann gelingen, wenn die Menschen unsere Sprache kennen und verstehen.« Darauf angesprochen, dass es bereits eine Pflicht zum Absolvieren von Sprachkursen gebe, sagte der CDU-Politiker: »Ich denke, es geht auch um eine gewisse Symbolik.« Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass sich nicht alle Menschen, die nach Deutschland kommen, schnell integrieren wollten. »Wenn man das gesetzlich noch einmal fixiert, wenn es in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt, dann wird es einfacher, die Dinge zu machen.« Bouillon räumte aber ein, dass »die weitaus überwiegende Anzahl« der Flüchtlinge bereit zur Integration sei.

Der CDU-Politiker, der 2016 den Vorsitz in der Innenministerkonferenz führen wird, sprach angesichts der Flüchtlingssituation in Deutschland von einem »übergesetzlichen Notstand«. So sei nicht bekannt, wie viele Flüchtlinge sich überhaupt in Deutschland aufhalten. »Das Jahr 2016 ist ein wichtiges Jahr. Es muss uns administrativ gelingen, die Dinge in den Griff zu bekommen.« Er hoffe, dass die Notstandssituation im Sommer beseitigt sein wird.

Von einem »Schäbigkeitswettbewerb« sprach mit Blick auf die Debatte über Integrationspflicht Thorsten Schäfer-Gümbel im Deutschlandfunk. Die CSU und Teile der CDU stellten permanent den Kurs der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingspolitik infrage, kritisierte der hessische SPD-Chef. Den Flüchtlingen werde pauschal unterstellt, sie wollten sich eigentlich gar nicht integrieren. Im Grunde sei dies sichtbarer Ausdruck davon, dass viele in der Union immer noch nicht ihren Frieden mit der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin gemacht hätten, meinte der SPD-Politiker. Um Integration gehe es dabei nicht. Wenn man die Eingliederung stärken wolle, müsse man dafür sorgen, dass überhaupt ausreichend entsprechende Angebote vorhanden seien. Daran mangele es - auch in Bayern. Agenturen/nd

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