Nach Terrorwarnung noch nichts Konkretes
Nach den Hinweisen auf geplante Anschläge in München hat die Polizei kaum genaue Erkenntnisse
München. Nach der Münchner Anschlagswarnung aus der Neujahrsnacht hat die Polizei keine konkreten Erkenntnisse über mögliche Attentate gewonnen. Die Hinweise darauf hätten sich nicht konkretisiert, sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä am Freitag. Demnach sollten fünf bis sieben Iraker und Syrer möglicherweise Anschläge auf den Hauptbahnhof oder den Bahnhof im Stadtteil Pasing verüben. Beide wurden vorübergehend gesperrt, in der Neujahrsnacht aber wieder freigegeben.
Andrä zufolge erhielt die Münchner Polizei am Silvesterabend gegen 19.40 Uhr Hinweise zu den möglichen Anschlägen. Zu etwa der Hälfte der angeblichen Attentäter hätten die Behörden Namen und Daten erhalten. Bislang sei aber noch nicht einmal klar, ob diese Menschen überhaupt existieren. »Wir wissen nicht, ob die Namen stimmen, ob es die Personen wirklich gibt, und wo sich die Personen aufhalten«, sagte Andrä. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte in der Neujahrsnacht gesagt, das Bundeskriminalamt habe die bayerische Polizei darüber informiert, dass »von Seiten« der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu Silvester ein Anschlag oder mehrere Attentate in München geplant seien.
Zur Herkunft dieser Informationen sagte Andrä, es sei üblich, dass die Polizei Maßnahmen ergreife, wenn es Hinweise anderer Nachrichtendienste gebe. Informationen würden besonders ernst genommen, wenn sie aus verschiedenen Quellen kämen. Die in der Nacht in Alarmbereitschaft versetzte Polizei war am Freitag zunächst noch mit 100 zusätzlichen Beamten im Einsatz. In der Nacht waren es noch 550 gewesen.
Vertreter von Bund und Ländern wiesen Spekulationen zurück, es habe sich um einen »Fehlalarm« gehandelt. »Die bayerischen Behörden haben mit Unterstützung der Bundespolizei umsichtig, besonnen und entschlossen gehandelt«, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). »Die Entscheidung war richtig«, sagte auch Herrmann zu den Bahnhofssperrungen.
De Maizière geht von einer weiterhin ernsten Sicherheitslage in Deutschland aus. Es bestehe eine »hohe Gefährdung durch den internationalen Terrorismus«, erklärte der Innenminister. Die Sicherheitsbehörden gingen Hinweisen nach »und passen die Maßnahmen fortlaufend an die aktuelle Situation an«.
Vorlage für rechte Hetze
Der Frontmann der rechten Pegida-Bewegung, Lutz Bachmann, hat mit gegen Willkommenskultur und Flüchtlingshelfer gerichteten Äußerungen auf Twitter für Empörung gesorgt. Auf die ersten Meldungen einer angeblich bestehenden Terrorgefahr in München schrieb der Pegida-Mitgründer, »alle WelcomeKlatscher haben sich umgehend am Hauptbahnhof München einzufinden«. Flüchtlinge bezeichnete er pauschal als »RefugISIS«. Als erste Kritik laut wurde, erklärte Bachmann, er »verstehe die Aufregung nicht. Ihr Klatschpappen wolltet die RefugISIS in Europa! Warum macht Ihr jetzt ins Hemd und seid ni am HBF-M?« Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner reagierte ebenfalls auf Twitter mit Empörung. Bachmanns Worte seien die »Ausgeburt kranker Hirne«. Er, Stegner, »fürchte allerdings, dass es dafür keine geeignete Medikation gibt. Ansteckung verhindern.«
CSU will Paragraf 129 a wieder haben
Die CSU will Netzwerke wie Facebook und Twitter zum Herausfiltern gewaltverherrlichender und extremistischer Inhalte drängen. »Entsprechende Inhalte sind sofort zu löschen, Konten zu sperren und die Sicherheitsbehörden zwingend zu informieren«, wird in der »Welt« aus einer Vorlage für die Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten Anfang Januar in Wildbad Kreuth zitiert. Es gibt Befürchtungen, dass staatliche Behörden damit eine Handhabe auch gegen Inhalte bekomme, die ihnen aus zum Beispiel politischen Gründen missfielen. Was etwa unter »extremistisch« zu verstehen ist, bleibt unbestimmt - es könnte sich ebenso gegen linksradikale Äußerungen richten.
Die CSU wolle gleichzeitig die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen wieder vollumfänglich unter Strafe stellen, heißt es in dem CSU-Papier. Paragraf 129 a des Strafgesetzbuches wurde 1976 als Maßnahme gegen die RAF eingeführt, im Jahr 2002 von SPD und Grünen allerdings abgeschafft, weil es kaum noch Verurteilungen gegeben hatte. Agenturen/nd
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