Deutschland hält Saudis die Treue
Bundesregierung will keine Sanktionen / Sunnitisch regierte Staaten brechen mit Iran
Bomben auf Zivilisten in Jemen, Massenhinrichtungen im eigenen Land und finanzielle Hilfe für islamistische Kämpfer in Syrien: Saudi-Arabien bietet derzeit mehr als einen guten Grund für Sanktionen. Doch die Bundesregierung setzt weiter auf einen »konstruktiven Dialog« mit dem islamischen Königreich, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag betonte. Er machte deutlich, dass Berlin derzeit keine Sanktionen ins Auge fasst. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hielt sich mit klaren Aussagen zurück. Er wolle »überprüfen«, ob man in Zukunft auch defensive Rüstungsgüter »kritischer beurteilen« müsse, so der Vizekanzler. Auch wenn ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte, in der letzten Zeit sei keine Lieferung von Kampfwaffen an Saudi-Arabien genehmigt worden: 2015 hatte Deutschland noch Teile für Kampfflugzeuge, Schießsimulatoren, Drohnen und Geländewagen nach Saudi-Arabien exportiert.
Selbst aus der CDU kommen kritische Stimmen. Der Vorsitzende der deutsch-arabischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Michael Hennrich (CDU), sprach sich für einen generellen Stopp der Waffenexporte in das arabische Land aus. »Ein Moratorium bei den Waffenlieferungen wäre jetzt das richtige Signal«, sagte er der »Rheinischen Post«.
Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, die strategische Partnerschaft mit Saudi-Arabien aufzukündigen und mäßigend auf die Regierungen in Riad und Teheran einzuwirken. Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, sagte dem Evangelischen Pressedienst: »Die Massenexekutionen müssen für die Bundesregierung der letzte Weckruf sein, dass sie so nicht weitermachen kann.« Auch wegen der Beteiligung des Landes am Krieg in Jemen hätten die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien »längst eingestellt« werden müssen.
Auch die gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung forderte am Montag ein sofortiges Ende von Rüstungsexporten in die Region. »Die erteilten Genehmigungen müssen gestoppt oder ausgesetzt werden«, sagte die Leiterin der katholischen Geschäftsstelle der von beiden großen Kirchen getragenen Organisation, Gertrud Casel.
Saudi-Arabien schart unterdessen im Konflikt mit Iran seine Verbündeten um sich. So kündigten die sunnitisch dominierten Staaten Bahrain und Sudan am Montag laut dpa ein Ende der diplomatischen Verbindungen zu der schiitischen Islamischen Republik in Teheran an. Die Vereinigten Arabischen Emirate zogen ihren Botschafter aus Teheran ab und wollen diesen durch einen Geschäftsträger ersetzen.
Vorausgegangen war die Stürmung der saudischen Botschaft in Teheran durch einen wütenden Mob in der Nacht zum Sonntag, nachdem die Ölmonarchie am Samstag den prominenten schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr und 46 weitere Verurteilte hingerichtet hatte. Mit Agenturen Seite 2
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