Rassistische Aufmärsche in Einsiedel gehen weiter
Anzeige nach Böllerwürfen Ende Dezember in Sellin (MV) auf Füchtlingsunterkunft / Autofahrer entdeckt verletzten Flüchtling in Kassel / 22-jähriger Mann musste wegen schwerer Schnittwunden operiert werden
Wieder rassistischer Aufmarsch bei Ankunft von Flüchtlingen in Einsiedel
Erneut ist es bei der Ankunft von Flüchtlingen in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz-Einsiedel zu einem rassistischen Aufmarsch gekommen. Nach Angaben der Polizei versuchten am Donnerstag etwa 70 Rechte, die Zufahrt zu dem ehemaligen Pionierlager zu blockieren.
Beamte hätten sie vor Ankunft der Busse mit den Asylsuchenden von der Straße drängen müssen, hieß es. Insgesamt seien sechs Strafanzeigen gestellt worden, unter anderem wegen Körperverletzung und Zeigens des Hitler-Grußes. Zunächst hatte die Polizei von neun Strafanzeigen berichtet.
Wie die Landesdirektion mitteilte, handelt es sich bei den 169 neuen Asylbewerbern größtenteils um Familien mit Kindern. 120 syrische Bürgerkriegsflüchtlinge seien darunter, außerdem Afghanen und Iraker. Knapp die Hälfte der Neuankömmlinge sei unter 18 Jahre alt.
Als die Busse am frühen Nachmittag eintrafen, hätten die Rechten rassistische Parolen gerufen, sagte ein Polizeisprecher. Auch ein Plakat mit arabischen Schriftzeichen sei hochgehalten worden, über deren Inhalt er aber nichts sagen könne. Ein Demonstrant habe ein Hakenkreuz auf der Gürtelschnalle getragen. Er wurde wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angezeigt.
Schon bei der Eröffnung der Unterkunft am Dienstag hatten Rassisten eine Blockade versucht. Seit Monaten gibt es wiederholt Aufmräsche gegen die Nutzung des ehemaligen Pionierlagers »Palmiro Togliatti« als Flüchtlingsunterkunft.
Laut Landsdirektion sei die Anlage wegen ihrer Lage und Ausstattung ideal für Flüchtlingsfamilien mit Kindern geeignet. Diese könnten in den 17 Herbergshäusern separat untergebracht werden. Außerdem könnten die Außenflächen von Kindern gut zum Spielen genutzt werden, sagte Landesdirektionssprecher Holm Felber.
Am Dienstag waren die ersten 40 Flüchtlinge in Einsiedel eingetroffen. Damit ist die Unterkunft, die bis zu 500 Menschen Platz bieten kann, nun mit 209 Asylbewerbern belegt. Weitere sollen laut Felber folgen. Einen Zeitplan wollte er unter Hinweis auf die »besondere Situation in Einsiedel« aber nicht nennen.
Anzeige nach Böllerwürfen auf Füchtlingsunterkunft in Sellin zu Silvester
Nach einem Hinweis konnte laut der Polizei in Meckllenburg-Vorpommern eine Gruppe von Jugendlichen durch die Beamten der Mobilen Aufklärung Extremismus (MAEX) Stralsund ausgemacht werden. Vier Jugendliche haben am Silvesterabend Böller auf eine Flüchtlingsunterkunft in Sellin (Landkreis Vorpommern-Rügen) auf der Insel Rügen geworfen. Dabei riefen sie ausländerfeindliche Sprüche, wie die Polizei damals mittelite. Durch intensive Ermittlungen und zahlreiche Vernehmungen konnten die vier Personen namhaft gemacht werden. Ein 18-jähriger Rüganer räumte die Tat ein. Gegen ihn läuft nun ein Verfahren wegen der Volksverhetzung, berichtet die Polizei.
Autofahrer entdeckt verletzten Flüchtling in Kassel
Am gestrigen Abend wurde ein 22-jähriger verletzter Geflüchteter von einem Autofahrer in Kassel entdeckt. Da der junge Mann am Rücken blutete, verständigte der Fahrer sofort einen Krankenwagen.
Laut Polizei handelt es sich bei dem Verletzten um einen Asylbewerber aus der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Lohfelden. Wie es zu den Verletzungen gekommen ist, konnte bisher nicht ermittelt werden, ein Verkehrsunfall jedoch ausgeschlossen werden. Im Krankenhaus mussten die Schnittverletzungen operativ behandelt werden. nd/Agenturen
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