Cameron wird Ehrenbayer

Seehofer bezeichnet rigide Haltung des britischen Premiers in der Europa- und Asylpolitik als »CSU pur«

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Herzlicher Empfang für David Cameron in Wildbad Kreuth. Wie der Brite will auch die CSU Sozialleistungen für EU-Ausländer beschränken. Merkel signalisierte gestern Zustimmung.

Der britische Premier David Cameron hat sich mit seinen Äußerungen für den Titel »Bayer ehrenhalber« qualifiziert. Kurz vorm Besuch des Briten auf der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth lobte Parteichef Horst Seehofer die Positionen seines Gastes von der Insel als »CSU pur«. Cameron hatte immer wieder erklärt, keine Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Zudem plant Cameron, die Sozialleistungen für EU-Ausländer einzuschränken. In dieser Sache wurde er am Donnerstag in Kreuth vorstellig. Bei der CSU rannte er damit offene Türen ein. Sein Werben für eine EU-Reform sei eine »Belebung der Diskussion über die Zukunft Europas«, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt nach einem Treffen mit Cameron. Der Brite steht zu Hause unter Druck, hat er doch seinen Landsleuten einen Volksentscheid zum EU-Verbleib versprochen. Fremden- und europafeindliche Töne kommen gut an bei konservativen Wählern - in Großbritannien wie in Deutschland.

Die CSU tritt auch gleich den Beweis für diese These an und will in Kreuth ein Papier unter dem Titel »Freizügigkeit schützen - Armutsmigration verhindern« beschließen, wonach »nur diejenigen in den Genuss von Sozialleistungen kommen, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat längere Zeit gelebt und entsprechende Beiträge entrichtet haben«. In Deutschland sollten arbeitslose EU-Ausländer frühestens nach zwölf Monaten Anspruch auf Sozialhilfe haben - und nicht schon nach sechs Monaten, wie es ein Urteil des Bundessozialgerichts vorsieht. Cameron selbst will EU-Ausländern Sozialleistungen erst zugestehen, nachdem sie vier Jahre in Großbritannien gearbeitet haben.

Angela Merkel, die sich bereits am Mittwoch mit Cameron getroffen hatte, signalisierte am Donnerstag ihre Bereitschaft, das Thema anzugehen. Es sei nicht die Absicht des EU-Freizügigkeitsgrundsatzes, »dass man überall in Europa auch die gleichen Sozialleistungen vom ersten Tag an bekommt«, sagte Merkel. Damit liegt sie auf einer Wellenlänge nicht nur mit Cameron und der CSU, sondern auch mit den Sozialdemokraten. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte vor wenigen Tagen erklärt, sie wolle per Gesetz den Sozialhilfeanspruch von EU-Ausländern beschränken.

Keine Einigung erzielten Merkel und Seehofer am Mittwochabend in der Flüchtlingsfrage. Seehofer will die Zahl der neuen Asylbewerber auf 200 000 pro Jahr beschränken. Merkel sucht nach anderen Lösungen.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk will für Ende März einen Sondergipfel zur Umsiedlung syrischer Flüchtlinge einberufen. Er hoffe, dass sich Staaten dort zur Aufnahme möglichst vieler Syrer bereiterklären, sagte der neue UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, am Donnerstag in Genf.

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