Werbung

Mit Kater Karlo gemeinsam im Grab

Ein neues Stück Bestattungskultur ist nun auch in Niedersachsen geplant - ein Friedhof für Mensch und Tier

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Den Wandel in der Bestattungskultur belegen nun auch Friedhöfe, auf denen Mensch und Tier gemeinsam beerdigt werden. Zwei davon gibt es schon in Deutschland, ein dritter ist in Niedersachsen geplant.

Mit einer Silvesterrakete schießt der Ostberliner Alexander Kerner die Asche seiner verstorbenen Mutter gen Himmel und sinniert: Nun sieht sie auf uns hinab wie damals Sigmund Jähn, der erste DDR-Kosmonaut. Was 2003 in jener Szene aus dem Film »Good bye Lenin« noch als »verboten in Ost und West« bezeichnet wird, ist inzwischen auch in Deutschland legal zu haben, allerdings mit einer richtigen Rakete: die Weltraumbestattung. Sie zeigt besonders deutlich, wie sehr sich die Bestattungskultur gewandelt hat und weiter wandelt.

Urnenbegräbnisse in Wäldern, Bestattungen auf See oder das Pressen der Totenasche zu einem Diamanten: All dies wird mittlerweile ebenso angeboten wie das Verstreuen der Asche aus einem Heißluftballon. Das Verstreuen auf dafür zugelassenen Flächen ist erst seit 2015 erlaubt, und bislang nur in Bremen und Nordrhein-Westfalen. Dort, in Essen, und auch im rheinland-pfälzischen Braubach bei Koblenz hat ein Familienunternehmen aus Bonn im vergangenen Jahr die ersten Friedhofsflächen gepachtet, auf denen sich Menschen mit ihren Lieblingstieren ein Urnengrab teilen können. Das Procedere: Stirbt Terrier Titus oder Kater Karlo, lässt ihn der Besitzer im Tierkrematorium einäschern und nimmt die kleine Urne an sich. Stirbt der Tierfreund eines Tages selbst, wird seine Urne zusammen mit der des Tieres bestattet, sofern er das zuvor veranlasst hat.

Womöglich gibt es schon bald auch i Niedersachsen eine Ruhestätte für Zwei- und Vierbeiner: im 30 Kilometer nördlich von Hannover gelegenen Celle. Die SPD-Fraktion jener Stadt will die gemeinsame Bestattung auf kommunalen Friedhöfen ermöglichen. Die Verwaltung prüft zurzeit die rechtlichen Voraussetzungen dafür, entscheiden muss letztlich der Rat. Ob dessen Mehrheit zustimmt, muss abgewartet werden, sagt Ratsherr Jörg Rodenwaldt. Er hat den Friedhofs-Antrag eingebracht. Zwei Aspekte haben ihn dazu bewegt, erläutert der Kommunalpolitiker im Gespräch mit »nd«. Zum einen habe er darüber nachgedacht, wie sich neue Bestattungsformen positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Friedhöfe auswirken können. Das sei nötig, denn: Größere Gräber würden kaum noch nachgefragt, manche Gemeinden müssten ihre Friedhöfe schon umwidmen und die Flächen anderweitig nutzen. Zum anderen dürfe man nicht die enge Bindung vieler Menschen zu ihrem Tier übersehen.

Oft besuche er Senioren an deren Geburtstagen, berichtet Rodenwaldt. Dann erlebe er manchmal, wie sehr ein Hund, eine Katze ältere Menschen vor Vereinsamung bewahren kann. »Und wenn dann ein solches Tier stirbt, nimmt das den Besitzer seelisch doch sehr mit«, weiß der Ratsherr.

Ob das auch alle »Seelsorger« wissen? Das Oberhaupt des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Celle, Superintendent Hans-Georg Sundermann, sagte der »Celleschen Zeitung« zum Thema Gemeinschaftsgrab: »Auf kirchlichen Friedhöfen kommt das nicht in Frage!« Und, so doziert der Talarträger: »Tiere mögen zwar Geschöpfe Gottes sein - sie sind aber keine Christen.«

Gnädiger als dieser Kirchenmann dachte der Pfarrersneffe Wilhelm Busch schon 1870, als er in einer seiner Bildergeschichten den verstorbenen heiligen Antonius nebst seinem treuen Hausschwein durchs Himmelstor treten lässt, wo den beiden aus höherer Sphäre zugerufen wird: »Willkommen! Gehet ein in Frieden / Hier wird kein Freund vom Freund geschieden.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -