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Ein Raucher will nicht aufgeben

Düsseldorfer Gericht lädt zur großen Beweisaufnahme um die Belästigung durch Zigarettenqualm

  • Lesedauer: 2 Min.
Hat der Raucher seine Nachbarn so sehr mit Zigarettenqualm belästigt, dass er nach mehr als 40 Jahren seine Wohnung räumen muss? Zeugen beschreiben die Situation im Haus ganz unterschiedlich.

Düsseldorf. Am Montag hatte das Landgericht in Düsseldorf zur großen Beweisaufnahme geladen. In dem seit Jahren schwelenden spektakulären Mietstreit um den in Düsseldorf lebenden Raucher Friedhelm Adolfs haben dabei die Zeugen beider Lager die Situation in dem Mietshaus sehr unterschiedlich geschildert. Mehrere Nachbarn berichteten am Montag vor dem Düsseldorfer Landgericht von starkem Rauchgestank. »Das ist ekelhaft, widerlich«, sagte ein Immobilienmakler, der im Haus sein Büro hat und für die Vermieterin tätig ist. »Das ist wie Körperverletzung.« Auch mehrere Mietinteressenten für das Haus hätten den Geruch im Hausflur moniert.

Freunde und Verwandte des starken Rauchers berichteten dagegen, es habe im Hausflur nicht ungewöhnlich nach Rauch gestunken. Der 77 Jahre alte Friedhelm Adolfs habe bei ihren Besuchen immer gelüftet. Wenn es doch nach Rauch gerochen habe, könne dies an den Besuchern oder Mitarbeitern der anderen Mieter liegen, die regelmäßig im Eingangsbereich bei offener Haustür geraucht hätten.

Dicke Luft – wenn Raucher vor Gericht landen

Düsseldorf. Der Raucher Friedhelm Adolfs klagt sich seit mehreren Jahren durch alle Instanzen. Auch bei mehreren anderen Mietern entschieden schon Gerichte über den blauen Dunst und seine Folgen. Hier einige Beispiele:

Raucher können dazu verpflichtet werden, nur zu bestimmten Zeiten auf dem Balkon zur Zigarette zu greifen, entscheidet im Jahr 2015 der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Voraussetzung dafür ist, dass der Rauch als »wesentliche Beeinträchtigung« empfunden wird.

2013 verbietet das Amtsgericht Frankfurt am Main Main einem Wohnungsbesitzer das Rauchen auf einem Balkon, der unter dem Schlafzimmerfenster des Klägers liegt. Dieser hatte argumentiert, der Qualm beeinträchtige seine für guten Schlaf notwendige Frischluft. Der Raucher hätte auch auf einem zweiten Balkon seiner Wohnung paffen können.

Das Amtsgericht Stuttgart gesteht 1997 einer Familie wegen der Belästigung durch Tabakrauch im Haus eine Mietminderung um 20 Prozent zu. Das Gericht sieht aber keinen Grund für eine fristlose Kündigung des Mietvertrags seitens der Familie. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landgericht: Wird der Mangel nicht beseitigt, ist eine Kündigung rechtens. Der Rauch sei eine »erhebliche Störung«.

Das Landgericht Stuttgart gibt im Jahr 1992 einer rauchenden Mieterin recht, die sich gegen die Kündigung der Wohnung gewehrt hatte. Die Begründung der Richter: Rauchen in der Wohnung ist generell erlaubt, wenn es nicht ausdrücklich im Mietvertrag verboten ist. dpa

Das Gericht hatte das Erscheinen des Mieters angeordnet. Die Vermieterin darf der Verhandlung dagegen weiter aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben.

Die Richter wollen entscheiden, ob der Raucher seine Nachbarn in einem Düsseldorfer Mehrparteienhaus mit Zigarettenqualm unzumutbar belästigt hat. In dem Fall müsste er seine Wohnung nach mehr als 40 Jahren räumen.

Der Bundesgerichtshof hatte den Fall an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen und eine umfassende Beweisaufnahme angemahnt. Das Gericht vernahm daraufhin am Montag zwölf Zeugen. Lediglich eine von der Vermieterseite benannte Zeugin fehlte erkrankt. Die Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Rolf Maurer will nun prüfen, ob die Zeugin noch gehört werden muss und hat für den 2. März einen Verkündungstermin angesetzt.

Der Fall beschäftigt die Justiz bereits seit dem Jahr 2013. Zunächst hatte das Amtsgericht den fristlosen Rauswurf des Rentners aus der Wohnung bestätigt. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn habe Vorrang vor dem Recht auf freie persönliche Entfaltung des Rauchers. Im Juni 2014 schlug sich in zweiter Instanz dann auch das Landgericht auf die Seite der betagten Vermieterin von Adolfs und wies die Berufung zurück.

Doch im Februar 2015 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und ordnete eine Neuauflage an. Die Vorinstanzen hätten sich nicht um eine umfangreiche Beweisaufnahme drücken dürfen. dpa/nd

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