Polizist rettet im Urlaub Flüchtlinge
Lars Wendland aus Brieskow-Finkenheerd begibt mit einem Schnellboot aufs Mittelmeer
Für Lars Wendland ist es eine logische Konsequenz. »Je tiefer du in dem Thema drin steckst, umso mehr interessiert es dich«, sagt der 42-jährige Familienvater aus Brieskow-Finkenheerd (Oder-Spree). Seit zwei Jahren engagiert er sich für Flüchtlinge. Er hat als Gemeindevertreter dafür gesorgt, dass jetzt drei syrische Familien in dem 2400 Einwohner zählenden Ort leben. Die erzählten ihm von ihrer abenteuerlichen Flucht über das Mittelmeer, bei der sie fast ertrunken wären. »Da entstand bei mir allmählich das Bedürfnis: Ich muss da hin und das mit eigenen Augen sehen«, sagt Wendland.
Und das will er nicht als Polizist tun, sondern als ehrenamtlicher Helfer der Flüchtlingsinitiative »Sea Watch«. Zwei Wochen lang wird Wendland als zweiter Bootsführer auf einem Schnellboot arbeiten, das zwischen der Türkei und der griechischen Insel Lesbos pendelt. »Viele Flüchtlinge können damit nicht aufgenommen werden. Wir geben aber die Koordinaten per Funk durch, holen größere Schiffe zur Hilfe heran oder schleppen ein in Seenot geratenes Boot ab«, beschreibt Wendland seinen Einsatz, für den er Urlaub genommen hat.
»Länger als zwei Wochen dauern die Einsätze für Freiwillige an Bord nicht. Denn traumatisierende Erlebnisse sind nicht ausgeschlossen, wenn wir zu Bootsunglücken hinzu kommen«, macht »Sea Watch«-Sprecher Ruben Neugebauer deutlich. »Nicht immer gibt es nur Überlebende.« Mehr als 2000 Menschen hat »Sea Watch« im Jahr 2015 gerettet.
Wendland kann mit Schiffen umgehen. Bei der Bundespolizei hat er zeitweise auf einem Boot auf der Oder Dienst geschoben. »Ich habe einen Binnenschifferschein, bin Taucher, Rettungsschwimmer und habe meine Erste-Hilfe-Kenntnisse noch mal aufgefrischt«, erläutert er. Am Freitag steigt er ins Flugzeug nach Lesbos. Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung werden aus Spenden bezahlt, die »Sea Watch« erhält.
Seine Familie, sagt Wendland, stehe hinter ihm. Auch viele Kollegen haben sich anerkennend geäußert. Allerdings machten ihm Vorgesetzte klar, dass er verbeamtet sei und daraus resultierende Pflichten ebenso für seine »Freizeitaktivitäten« gelten. »In dieser Hinsicht ist mir nichts vorzuwerfen, es geht um Seenotrettung«, erwidert der 42-Jährige. Er habe eine Lebensentscheidung getroffen, die ihn verändern werde, glaubt der Polizeihauptmeister. Bei seinem Einsatz im Mittelmeer will er auch fotografieren, Tagebuch führen und Videos aufnehmen. »Wenn ich zurück bin, werde ich in Vorträgen über meine Erlebnisse berichten«, hat er sich vorgenommen. Und möglicherweise kehrt er dann im Sommer ans Mittelmeer zurück, um vor der italienischen Insel Lampedusa Flüchtlinge aus der Seenot zu retten. dpa
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!