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Kein Hinweis auf gezielte Attacke gegen deutsche Touristen

Terroranschlag gefährdet Tourismus-Saison in der Türkei / LINKE-Politikerin sieht höhere Terrorgefahr in Deutschland durch Syrien-Einsatz

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 17.00 Uhr: Kirchen warnen vor Fundamentalismus und voreiligen Schlüssen
Vertreter der evangelischen Kirche in Deutschland warnten angesichts des Anschlags in Istanbul vor Fundamentalismus und voreiligen Schlussfolgerungen. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch, verbrecherische Anschläge wie in Istanbul, Paris, Beirut und anderen Städten erwüchsen aus einer Überzeugung, die nur eine einzige Meinung kenne und akzeptiere. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, verurteilte den Anschlag als furchtbare und menschenverachtende Tat, die die Bevölkerung verunsichern solle. Auch Berlins evangelischer Bischof Markus Dröge sagte, die Terroristen wollten Angst in den Alltag bringen und damit Hass und Zwietracht säen.

Update 13.30 Uhr: Terroranschlag gefährdet Tourismus
Europas größter Reiseveranstalter Tui sieht in dem Terroranschlag in Istanbul eine Gefahr für das beliebte Reiseziel Türkei. »Eigentlich ist jetzt die Zeit, in der Familien ihren Sommerurlaub in der Türkei buchen. Nun werden wohl viele erst einmal abwarten«, sagte Konzernchef Fritz Joussen am Dienstagabend in Düsseldorf. Es gleiche einem Blick in eine Glaskugel, voraussagen zu wollen, was mit dem Reiseziel Türkei in diesem Sommer passieren werde. »Wir müssen mit der Unsicherheit leben und Alternativen anbieten.«

Tunesien leide nach dem Terroranschlag auf ein Touristenhotel mit 38 Toten im Juni 2015 bis heute massiv unter den Folgen. Auch Ägypten spüre noch immer die Auswirkungen des möglicherweise von der Terrormiliz Islamischer Staat verursachten Flugzeugabsturzes mit 224 Toten im Oktober 2015 auf den Tourismus. Die Türkei sei als Reiseziel aber ungleich wichtiger als diese beiden Länder, sagte Joussen.

Update 12:15 Uhr: Bundesregierung geht bisher nicht von gezieltem Angriff auf Deutsche aus
Der Selbstmordanschlag von Istanbul hat sich nach Einschätzung der Bundesregierung nicht gezielt gegen Deutsche gerichtet. »Nach bisherigem Ermittlungsstand liegen keine Hinweise darauf vor, dass der Anschlag gezielt gegen Deutsche gerichtet war«, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Istanbul. Sein türkischer Amtskollege Efkan Ala sagte, im Zuge der Ermittlungen nach dem Anschlag sei am Dienstagabend ein Verdächtiger festgenommen worden.

Update 9.15 Uhr: LINKE-Politikerin sieht höhere Terrorgegfahr in Deutschland durch Syrien-Einsatz
Die Linken-Politikerin Dagdelen sagte im »Deutschlandfunk«, dass durch den Bundeswehreinsatz in Syrien sei die Terrorgefahr hierzulande weiter gestiegen sei. Die Luftangriffe der internationalen Allianz schwächten die IS-Miliz dabei nicht. Zudem würden dabei auch unschuldige Menschen sterben.

Dagegen sprach sich Grünen-Chef Özdemir weiterhn ausdrücklich für den militärischen Kampf aus. Dies dürfe aber nicht das einzige Mittel bleiben, sagte er ebenfalls im DLF. Man müsse aber auch gegen die Ideologie der Terrormiliz vorgehen. Deren Wurzeln lägen auch im Wahhabismus in Saudi-Arabien.

Innenminster De Maizière reist nach nach Anschlag nach Istanbul

Nach dem Terroranschlag mit mehreren deutschen Todesopfern in Istanbul reist Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) an diesem Mittwoch in die Türkei. Der Minister wolle in Istanbul seinen türkischen Kollegen Efkan Ala treffen und sich ein Bild von der Lage machen, sagte eine Sprecherin des Innenressorts. Nach dpa-Informationen lag der Bundesregierung bis Dienstagabend keine Hinweise darauf vor, dass sich der Anschlag gezielt gegen Deutsche gerichtet hatte.

Der 1988 geborene Attentäter hatte sich am Dienstagvormittag mitten in einer deutschen Reisegruppe in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee im historischen Zentrum Istanbuls in die Luft gesprengt. Dabei wurden mindestens acht Deutsche getötet und neun weitere zum Teil schwer verletzt. Insgesamt starben neben dem Angreifer zehn Menschen, 15 weitere erlitten Verletzungen. Zwei Leichen waren bis Dienstagabend noch nicht identifiziert. Unter den Todesopfer waren drei Rheinland-Pfälzer, ein Ehepaar aus Brandenburg und ein Berliner. Außerdem starb ein Peruaner.

Weltweit reagierten Politiker mit Trauer und Entsetzen. Die Vorsitzenden der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, erklärten, sie seien »schockiert über den feigen Mordanschlag auf die Touristengruppe in Istanbul und verurteilen dieses Verbrechen auf das Schärfste. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir hoffen, dass dieses brutale und perfide Verbrechen aufgeklärt wird. Von Staatspräsident Erdogan fordern wir, dass er die nicht zuletzt auch von ihm angespannte Lage in der Türkei deeskaliert und seinen Beitrag zum Frieden in der Region leistet.«

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Anschlag als »mörderischen Akt«: »Die Terroristen sind Feinde aller freien Menschen, ja, sie sind Feinde aller Menschlichkeit«, sagte sie am Dienstagabend in Berlin. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von »Stunden der Trauer, der Wut und des Entsetzens«.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, es handele sich um ein »verachtenswertes Verbrechen«. Die USA betonten, sie stünden weiter fest an der Seite der Türkei. »Dieser abscheuliche Angriff in Istanbuls historischem Herzen hat Türken und ausländische Touristen gleichermaßen getroffen«, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates Ned Price in Washington. Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem »abscheulichen Terroranschlag«.

Auch Saudi-Arabien und Ägypten verurteilten den Terroranschlag. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan machte in Ankara einen »Selbstmordattentäter syrischer Herkunft« für die Tat verantwortlich. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete dagegen, der Attentäter stamme aus Saudi-Arabien und sei kürzlich aus Syrien in die Türkei eingereist.

Die deutschen Opfer waren nach Angaben des Reiseveranstalters Lebenslust Touristik auf einer Drei-Länder-Erlebnisreise und kamen aus dem gesamten Bundesgebiet. Insgesamt zählte die Reisegruppe 33 Mitglieder, wie der Sprecher des Reiseunternehmens, Ingo Leßmann von der sk-medienconsult, der Deutschen Presse-Agentur am Dienstagabend sagte.

Ein Teil dieser Reisenden habe an einem Gruppenbesuch der Wahrzeichen Istanbuls teilgenommen. Auf dieser Tour lag auch der Anschlagsort in der Nähe der Hagia Sophia und der Blauen Moschee. Andere Urlauber hätten ein individuelles Programm absolviert. Die Drei-Länderreise umfasse Istanbul, Dubai und Abu Dhabi. In der türkischen Metropole seien die Urlauber am Montag angekommen. Die Weiterreise nach Dubai sei für den Mittwoch geplant gewesen. Agenturen/nd

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