Die Stunde der Hardliner
Unionspolitiker wollen nach den Silvester-Straftaten das Asylrecht weiter aushöhlen
In der Debatte über die Straftaten während der Silvesternacht in Köln und anderen Städten bot die Unionsfraktion am Mittwoch im Bundestag einige ihrer innenpolitischen Hardliner auf. Diese verteidigten nicht nur die geplante Verschärfung des Ausweisungsrechts. Der frühere Innenausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach brachte die sexuellen Übergriffe und Diebstähle, die offenbar vor allem von Männern aus Nordafrika begangen wurden, zudem in einen Zusammenhang mit dem Zuzug von Schutzsuchenden. »Wir haben keine unbegrenzte Integrations- und Aufnahmefähigkeit«, sagte der CDU-Mann. Der seit dem Sommer herrschende »Kontrollverlust« bei der Aufnahme von Flüchtlingen müsse beendet werden.
Dieser Satz war eine indirekte Aufforderung Bosbachs zu weiteren Verschärfungen des Asylrechts. Das Kabinett will am Mittwoch einen entsprechenden Beschluss fassen. Erwartet werden unter anderem Einschränkungen beim Familiennachzug. Die Integration von Schutzsuchenden, welche Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt als »Schlüssel« bei der Lösung der Probleme bezeichnete, würde dadurch zusätzlich erschwert.
Weitere Abschottungsmaßnahmen forderte erneut die CSU. Deren Generalsekretär Andreas Scheuer, der auch Bundestagsabgeordneter ist, meinte, dass die Liste »sicherer Herkunftsstaaten« auch um einige nordafrikanische Länder erweitert werden müsse. So würden »Wirtschaftsflüchtlinge« aus Marokko nach Deutschland kommen, die »schnell wieder raus« müssten. Dass Marokko für viele Menschen kein »sicheres Land« ist, legen hingegen Berichte von Amnesty International nahe. Demnach gingen sogenannte Sicherheitskräfte des nordafrikanischen Landes in den vergangenen Jahren mit brutalen Foltermethoden gegen Oppositionelle vor.
Anders als einige seiner Kollegen von der Union drohte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU), nicht nur straffälligen Ausländern mit Abschiebung, sondern er machte zugleich auch deutlich, dass die Straftaten während der Silvesternacht nicht mit Hass und Rassismus beantwortet werden dürften. Ähnlich äußerte sich Justizminister Heiko Maas (SPD).
Die LINKE-Vorsitzende Katja Kipping sprach von einem »üblen männerbündischen Exzess«. Sexismus sei keine »Importware aus dem Ausland«. In diesem Zusammenhang nannte Kipping sexuelle Gewalt, die hierzulande oft in Familien stattfinde. Sie forderte, Schutzlücken im Gesetz zu schließen. Auch mit Blick auf Politiker der Großen Koalition warnte Kipping davor, den Eindruck zu erwecken, es handele sich um das Problem einer bestimmten Kultur. »Damit macht man sich zum Helfershelfer der AfD und von Pegida«, sagte sie.
Am Dienstag hatte die Linksfraktion in einem Beschluss unter anderem weitere Asylrechts- und Strafrechtsverschärfungen sowie Obergrenzen bei der Flüchtlingsaufnahme abgelehnt. Der Ko-Parteivorsitzende Bernd Riexinger betonte vor Journalisten, dass dieser Beschluss einstimmig und damit auch mit der Stimme von Fraktionschefin Sahra Wagenknecht gebilligt worden sei. Eventuelle »Missverständnisse« um ihre Äußerung zu einem »Gastrecht« von Schutzsuchenden seien somit ausgeräumt, so Riexinger. Wagenknecht hatte am Montag gesagt, wer sein Gastrecht missbrauche, der habe Gastrecht dann eben auch verwirkt. Riexinger erklärte hingegen, dass das Asylrecht kein Gastrecht, sondern ein Menschenrecht sei.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.