Fotos eines fulminanten Sportfests

Die Werkstattgalerie dokumentiert die European Maccabi Games 2015

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Maccabi Games sind das größte internationale jüdische Sportereignis. 2015 fand es 70 Jahre nach der Nazibarbarei in dessen Epizentrum Berlin statt. Dort wird nun auch eine Fotoausstellung dazu gezeigt.

»Das sind die Spiele der Versöhnung«, freute sich der Präsident von Makkabi Deutschland nach den European Maccabi Games 2015. Erstmals fand das größte internationale jüdische Sportereignis in Berlin statt, wo bei den Olympischen Spielen von 1936 jüdische Athleten ausgeschlossen waren. Zwischen einer großen Gedenkfeier auf dem Maifeld und dem Abschlussfest im Estrel Hotel wetteiferten im Olympiapark 2200 Sportler aus 36 Ländern in 120 Finalturnieren um Medaillen in den 19 Disziplinen von Badminton bis Wasserball. Eröffnet wurden die Maccabi Games, deren Name auf eine jüdische Sportbewegung aus den 1930er Jahren und auf den historischen Judas Makkabäus als Anführer eines Aufstands zurückgeht, mit einem feierlichen Zeremoniell vor 17 000 Zuschauern in der Waldbühne.

Das Olympiastadion selbst mit seiner unrühmlichen Geschichte blieb von den Games ausgespart, wurde aber sehr wohl als ein Gedenkort besucht und wahrgenommen. In Erinnerung an 1931, als Motorradfahrer das am olympischen Feuer orientierte Makkabi-Feuer auf Werbetour durch Europa getragen hatten, transportierte auch diesmal ein ähnlicher Konvoi das ewige Licht, das auf dem Weg von Israel auch Auschwitz passierte. Seit der Debüt-Makkabiade 1932 in Israel finden dort im Vier-Jahres-Turnus solche Spiele statt. Die European Maccabi Games starten, stets um zwei Jahre versetzt, im gleichen Rhythmus. Erster Austragungsort war 1929 Prag, 1930 gefolgt von Kopenhagen. Mit 30 Jahren Unterbrechung durch die Kriegsereignisse erlebten sie 1959 ihren Neubeginn in Antwerpen. War 2011 der Gastgeber Wien, so machten sie 70 Jahre nach dem Ende der Nazibarbarei demonstrativ in dessen Epizentrum Berlin Station.

Dies die Geschichte. Dass vom 27. Juli bis zum 5. August die deutsche Hauptstadt den Teilnehmern einen warmherzigen Empfang bereitete und Bundespräsident Joachim Gauck als Schirmherr firmierte, beweist, was Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Grußwort als Positivum betonte: das wiedererstarkte jüdische Leben in unserem Land. Zehn internationale Fotografen, einige inzwischen mit Wohnsitz in Berlin, hielten die Atmosphäre der Spiele in über 100 000 Schnappschüssen fest. Mehr als 60 zeigt jetzt die Werkstattgalerie in einer repräsentativen Schau. Sie umfasst Kuratorin Jessica Brauns Foto von der Gedenkrede des Rabbiners auf dem Rasen vor der Kulisse des Olympiastadions und Zuhörern dicht bei dicht unter Regenschirmen; Brauns Blick auf jene Eskorte, die der Flamme das eines Staatsakts würdige Geleit gibt. Von Francisca Pérez Pérez stammen die Motive des Besuchers, der das Stadion knipst, sowie des Marathonläufers.

Wilfried Chruscz gelingen magische Momente vom Kampf um den Ball und seine Abwehr; bei William Glucroft kippt sich einer erfrischendes Wasser aufs Haupthaar, singt ein anderer mit bloßem Oberkörper bei Sonnenschein zur Gitarre, wie Bands für die Zwischenzeiten überhaupt zum Unterhaltungsprogramm der Games gehörten. Nadine Harms widmet sich ganz ihrem Traum vom Pferdesport: Selbst der Schimmel auf einem ihrer Fotos trägt den Davidstern. Lothar Bladt fixiert nicht ohne Humor einen Lunch in kleidsamen Schottenröcken auf saftigem Grün, den Jubel des Eröffnungszeremoniells und aus dem Olympiapark die Altplastik eines Reichsadlers, auf den symbolträchtig die israelische Flagge herabgesunken ist. Der Großteil der Motive fängt freilich ein, was die Games ausmacht: die Wettbewerbe mit kühn kämpfenden Sportsmen, ob bei Dressurreiten, Schach, Futsal oder Golf, Tennis, Hockey oder Basketball. Bilder sind auch der Vorbereitung auf den Fight, der Trinkpause oder der Freude über den Sieg gewidmet. Dass die israelische Mannschaft Gold im Schwimmen holte, die deutsche im Fußball, ist wiederum eine symbolhaft faire Gleichverteilung der Chancen.

Nicht von ungefähr hängt eine antikisierende Komposition des Berliner Fotografen Benyamin Reich als Großformat im Zentrum der Schau. Auch seine kleineren Schwarz-Weiß-Arbeiten bestechen durch ihr ästhetisch ausgewogenes Kalkül im Umgang mit dem Thema: Zwei statuarische Fechter flankieren eine Großplastik von Georg Kolbe; einer Skulptur liegt ein Gebetsschal um den Hals; ein Fechter lagert lichtgefleckt und sinnierend unter einem Baum; ein anderer präsentiert in einer Flucht aus Pilastern stolz seine Waffe.

Welch Gastgeber Budapest den European Maccabi Games 2019 sein wird, darf man mit gemischten Gefühlen erwarten.

Bis 2.2., Werkstattgalerie, Eisenacher Str. 6, Schöneberg

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