Hymne
Mozart und die DDR
W as haben Mozart und die DDR gemein? Immerhin Musik zur Nationalhymne, die offiziell erstmals am 7. 11. 1949 zum Jahrestag der Oktoberrevolution erklang.
Immer noch vermuten viele, dass ihre Anfangsmelodie dem Schlager »Good bye, Johnny« von Peter Kreuder aus dem Ufa-Film »Wasser für Canitoga« entlehnt sei. Das unterstellte auch Kreuder selbst, weswegen er Tantiemen für das Abspielen der DDR-Nationalhymne forderte, was aber gerichtlich abgelehnt wurde. Und umgekehrt glaubte mancher beim Hören des Schlagers, es erklänge die Nationalhymne der DDR, so als »Good bye, Johnny« im Dezember 2000 bei einem Festakt in Erfurt ertönte, mit dem die Pädagogische Hochschule ihr Dasein beendete. Doch auf Peter Kreuder war der gebildete Komponist Hanns Eisler nicht angewiesen. Es gab eine angemessenere Anregung, die dem Beweggrund, zu einer Hymne feierliche Klänge zu finden, viel eher entsprach.
Als im Oktober 1949 Johannes R. Becher den Auftrag erhielt, die Nationalhymne der DDR zu schreiben, schickte er die erste Textfassung nach Thüringen zu Ottmar Gerster. Etwas später traf er in Warschau Hanns Eisler, dem er ebenfalls den Text gab, worauf dieser spontan am Klavier die ersten Verse »Auferstanden aus Ruinen ...« intonierte. Manche glauben, dabei sei ihm die letzte der »Elf Bagatellen« op. 119 von Ludwig van Beethoven in den Sinn gekommen. Jedoch kommt als Inspiration ein anderes Musikstück eines anderen musikalischen Genies viel eher in Frage: der Beginn des Adagio ma non troppo, des 3. Satzes vom Streichquintett Nr. 4 g-moll, KV 516, von Wolfgang Amadeus Mozart.
So siegte Eisler Anfang November 1949 mit »Unterstützung« Mozarts im musikalischen Wettstreit gegen die inzwischen von Gerster in der Tradition der Bach-Kantaten geschaffene Hymnen-Fassung.
Die BRD hingegen behielt als Hymne das in der Nazi-Zeit schwer belastete pathetische Deutschlandlied. Freilich kann man sich mit diesem über seinen musikalischen Ursprung versöhnen, Joseph Haydns Poco adagio, Cantabile seines Streichquartetts in C-Dur. Und hört man Mozarts Streichquintett, gelingt es wohl besser, den ursprünglichen Zielen einer deutschen demokratischen Republik und der soz...
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