Schachmatt auf dem Rittergut
Wehrsport-Hoffmann scheitert mit Sanierung in Sachsen - obwohl er Fördergeld erhielt
Zunächst wirkt das Anwesen, das am Mittwoch ab 11 Uhr in Saal 056 des Amtsgerichts in Leipzig zwangsversteigert wird, wie ein Schnäppchen: Ein Herrenhaus samt Scheunen, Ställen und Garagen, dazu 60 476 Quadratmeter Land - und das zum Verkehrswert von einem Euro. Das Rittergut Sahlis, das unter den Hammer kommt, ist freilich wegen eines »erheblichen Sanierungs- und Instandhaltungsstaus« nicht nutzbar, warnt das Exposé. In den alten Gemäuern wohnt nur der Hausschwamm; der einstige Rokoko-Park ist verwildert. Das Gut braucht einen Eigentümer mit Vermögen.
Karl-Heinz Hoffmann hatte offenbar nicht genug Geld mitgebracht, als er das Rittergut 2004 erwarb. In der thüringischen Kleinstadt Kahla soll er etliche Häuser erfolgreich saniert haben, in Westsachsen überhob er sich. Hohe Auflagen des Denkmalschutzes für das im 18. Jahrhundert errichtete Gut, vor allem aber der Anschluss an das Abwasser, hätten ihn »schachmatt gesetzt«, schreibt Hoffmann auf seiner Homepage und fügt hinzu, er sehe sich »aller Möglichkeiten zur Erhaltung des Baudenkmals beraubt«.
Als einst bekannt geworden war, dass ausgerechnet Hoffmann das Gut erworben hatte, fürchtete man in der Region Böses. Schließlich handelte es sich bei dem neuen Besitzer um eine der schillerndsten Figuren der westdeutschen Neonaziszene. 1973 gründete er die nach ihm benannte Wehrsportgruppe, die 1980 als verfassungsfeindliche Organisation verboten wurde. In jenem Jahr waren ein Attentat auf das Oktoberfest verübt sowie der jüdische Verleger Shlomo Lewin und seine Frau in Nürnberg ermordet worden; die Täter sollen aus den Reihen der Wehrsportgruppe gestammt haben. Hoffmann selbst wurde 1984 unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz zu neuneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, doch schon 1989 kam er wieder frei.
Als er 15 Jahre später das Rittergut gekauft hatte, sah mancher Kohren-Sahlis schon als Wallfahrtsort für Rechtsextreme - zumal es sich auch um einen einstigen Wohnsitz des in der NS-Zeit gefeierten Dichters Borries von Münchhausen handelte. Der Neueigentümer wiegelte ab, er wolle sich politisch nicht mehr betätigen, sagte er der Lokalzeitung. Dabei blieb es nicht, Hoffmann trat als Redner vor Rechtsextremen auf, so am 11. September 2010 im sächsischen Zschadraß. Dazu, ob Nazis auch die Immobilie in Kohren-Sahlis nutzten, hatte Sachsens Innenministerium im Februar 2011 »keine Erkenntnisse«. Deren Besitzer erklärte früher, er habe zu Arbeitseinsätzen auf seinem Gut junge Männer gewinnen können, die »sich zum rechten Lager bekennen«.
Solche Einsätze retteten das Rittergut freilich ebenso wenig vor dem weiteren Verfall wie Fördergelder des Freistaats Sachsen, die für »Erhalt und Pflege von Kulturdenkmalen« bewilligt wurden. Empfänger war eine eigens gegründete Stiftung, als deren Kurator Hoffmann auftrat. Von 2005 bis 2007 flossen 131 848 Euro; 2010 wurden indes auch einmal 16 905,85 Euro zurückgefordert. Die Linksabgeordnete Kerstin Köditz hat Sachsens Staatsregierung jetzt um Auskunft gebeten, ob seit 2011 weitere Mittel überwiesen oder aber zurückgefordert wurden - wegen der nicht beendeten Schwammsanierung etwa oder aufgrund der nicht abgeschlossenen Abdichtung des Daches. Derlei Versäumnisse seien verantwortlich für die »effektive Absenkung des Verkaufswertes auf einen Euro«, sagt Köditz und wirft Hoffmann vor, eine »Ruine« zu hinterlassen.
Hoffmann selbst schiebt die Schuld für sein Scheitern den Behörden zu; der »erzwungene Kanalanschluss« sei eine »vernichtend wirkende Maßnahme« gewesen. In der Region müsse man sich nun »einen anderen Esel suchen, der den Karren weiterzieht«. Ein brauner muss es nicht wieder sein.
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