Optimismus des Handelns
Zum Tod des Friedensforschers und Ostermarschmitbegründers Andreas Buro
Andreas Buro, Friedensforscher und Mitbegründer der Ostermärsche, hatte so viele Wellen der sozialen Bewegungen miterlebt, dass ihm Euphorie und Resignation gleichermaßen fern lagen. Vielmehr folgte der 1928 in Berlin geborene Friedensaktivist dem Diktum Gramscis vom Pessimismus des Wissens und dem Optimismus des Handelns. Das hat ihn seit seinem Engagement in der Internationale der Kriegsdienstgegner (IdK) und in der Kampagne »Kampf dem Atomtod« in den 50er Jahren vorangetrieben. Die außerparlamentarische Opposition gegen Notstandsgesetze und Vietnam-Krieg, Kampagnen für Demokratie und Abrüstung, Mitgründung des Sozialistischen Büros und der Zeitschrift »links« waren weitere Stationen. An der Universität Frankfurt wirkte er seit den 70er Jahren als Lehrbeauftragter, Privatdozent und Professor.
1980 war Andreas Buro einer der Gründer des Komitees für Grundrechte und Demokratie. Bis zuletzt war er friedenspolitischer Sprecher. In den 80ern vertrat er das Komitee in der »neuen« Friedensbewegung, die damals Hunderttausende auf die Straße brachte. Andreas Buro war darauf bedacht, den Protest und Widerstand gegen die nukleare »Nach«rüstung mit dem Aufzeigen von gewaltfreien zivilen Alternativen zu verbinden. Das rührt aus seiner Überzeugung, dass man die Menschen für Frieden und Pazifismus nur gewinnen kann, wenn glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt wird, wie ohne Rückgriff auf Waffen und Militär die Konflikte unserer Zeit bearbeitet und einer Lösung zugeführt werden können. Sein Vermächtnis lautet: »Terror kann man nicht mit Krieg bekämpfen. Krieg ist Terror.«
In den 90er und 2000er Jahren wandte er sich gegen die neuen NATO-Interventionskriege. In der Dossierreihe des »Monitoring-Projektes« hat Andreas Buro alternative politische Konfliktlösungen ausgearbeitet - zuletzt auch zum Krieg in Syrien und zu den Anforderungen an eine umfassende Friedenslösung in Nah-Mittel-Ost. Er wurde 2008 mit dem Aachener und 2013 mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet.
Er war ein kluger Stratege und Taktiker, der sich auf die Notwendigkeit einstellte, den Weg nur Schritt für Schritt gehen zu können. Um die Vielen auf dem Weg mitzunehmen, war die geduldige Organisierung sozialer, emanzipativer Lernprozesse ein durchgehendes Thema im politischen und akademischen Leben von Andreas Buro. Der grenz- und blockübergreifende Charakter der Friedensbewegung lag ihm besonders am Herzen. Die internationale Zusammenarbeit war stets ein Schwerpunkt seiner Aktivitäten, beginnend mit seinem Engagement bei der Organisierung des Friedensmarsches San Francisco – Moskau 1961 und der Mitbegründung der »International Confederation for Disarmament and Peace« und der World Peace Brigades, über die Mitgründung der »Helsinki Citizens` Assembly« bis zur Gründung des Dialog-Kreises für türkisch-kurdische Verständigung und für eine politische Lösung des Kurdenkonflikts im Jahre 1995. Bis zuletzt war Andreas Buro der Mittelpunkt des Dialog-Kreises und Herausgeber seiner »Nützlichen Nachrichten«. Sein internationalistisches Engagement hat ihn im Lauf der Jahrzehnte in aller Herren Länder geführt; Moskau, Washington, Peking, Istanbul, Tiflis, Paris, Beirut usw. sind wiederkehrende Stationen seiner politischen Reisetätigkeit. Von den Herrschenden wurde er zumeist nicht besonders freundlich empfangen, dafür aber erfuhr er von den menschenrechtlich und friedenspolitisch aktiven Bürgerinnen und Bürgern dieser Länder wegen seiner (kritischen) Solidarität und ruhig-bescheidenen Art, zuzuhören und Vorschläge zu machen, desto mehr Respekt, Sympathie und Zuneigung.
In seinem Buch über die Friedensbewegung »Totgesagte leben länger« schrieb Andreas Buro: »Sicher ist der Weg zu einer solidarischen Weltgesellschaft ein unendlicher Weg. Wir werden niemals das Ziel ganz erreichen.« Diesen Weg werden andere in seinem Sinne beschreiten, er selber aber nicht mehr. Am 19. Januar ist Andreas Buro im Alter von 87 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.
Volker Böge und Martin Singe haben mit Andreas Buro viele Jahre im Komitee für Grundrechte und Demokratie zusammengearbeitet.
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