Wir leben in 
zementierten Zeiten

Mikko Linnemann hat einen Film über den Essayisten Eike Geisel gedreht. Ein 
Gespräch über deutsche Erinnerungspolitik und »Vergangenheitsbewältigung«

»Wie erinnern?« heißt Ihre Filmreihe über die Gegenwart der deutschen Vergangenheit. Mit dem Film über Eike Geisel schlagen Sie eine neue Richtung ein. Wie ist Geisel in dem Konzept der Reihe zu verorten?
Die neue Richtung möchte ich als Perspektivwechsel verstehen: Während die ersten beiden Teile der Reihe sehr dicht und unmittelbar um das historische Ereignis, den administrativen Massenmord an den europäischen Juden, kreisen, setzt der dritte Teil die Kenntnis der Stationen der sogenannten Vergangenheitsbewältigung voraus - von dem kollektiven Leugnen der Verbrechen in den ersten Nachkriegsjahren über den Historikerstreit und die Totalitarismustheorie bis hin zur »Schlussstrichdebatte«.

Mein Film springt nun in die frühen 1990er Jahre, in eine Phase der Entwicklung der deutschen Erinnerungspolitik, die Eike Geisel als die »Wiedergutwerdung der Deutschen« bezeichnet hat. Was in dieser Phase von Geisel als Prozess beschrieben wur...



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