Ein Thermometer ersetzt keine ärztliche Diagnose
Der Erziehungswissenschaftler Hans Brügelmann lehnt Vergleichstests in der Schule nicht ab, hält sie für das Messen des Lernerfolgs aber für ungeeignet.
Hans Brügelmann war bis 2012 Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Siegen. Inzwischen arbeitet er als Fachreferent für Qualitätsentwicklung beim Grundschulverband und hat dort an qualitativen Evaluationsverfahren einer »pädagogischen Leistungskultur« mitgearbeitet. Der 69-Jährige zählt zu den profiliertesten Kritikern von Schulvergleichsstudien wie VERA, die bereits in der Grundschule den Leistungsoutput von Schülerinnen und Schülern messen. Mit ihm sprach Jens Wernicke.
nd: Herr Brügelmann, aus dem schlechten Abschneiden deutscher Schüler bei der PISA-Studie vor eineinhalb Jahrzehnten zogen viele Bildungspolitiker den Schluss, man müsse mit Hilfe von Vergleichstests die Qualität der Bildung regelmäßig überprüfen. Sie kritisieren das als »Testeritis«. Was haben Sie gegen derlei Bemühungen um Qualitätssicherung?
Brügelmann: Durch Leistungstests die Qualität von Schule sichern? Eine kühne These! Solche Tests erfassen doch nur den sogenannten »Output« und davon wiederum nur einen kleinen Teil, schon vom Ansatz her eingeschränkt auf wenige Fächer und von diesen wiederum nur Ausschnitte - und das auch noch in sehr oberflächlicher Form. Wo bleiben die Wirkungen der Schule auf das soziale und das ästhetische Lernen oder gar auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen? Und was ist mit der Qualität des pädagogischen Umgangs: Respekt füreinander, Offenheit für die besonderen Bedürfnisse und I...
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